Hallo ihr Lieben,
viele von euch haben
diesen Eintrag lang herbei gesehnt. Ich weiß. Doch erst jetzt habe
ich die Zeit und auch etwas Muße, mich wieder hinzusetzen und zu
schreiben. Auch, wenn ich schon gar nicht mehr in Mosambik bin. Ich
fühle mich einfach schuldig und werde versuchen, die vergangene Zeit
mal etwas zusammen zu fassen. Nehmt es mir bitte nicht übel, aber an
so vieles kann ich mich nicht mehr im Detail erinnern. Aber ich fang
erst einmal an...
Angekommen in Mosambik
wurde ich von meiner Gastmutter am Flughafen in Maputo abgeholt. Wir
sind uns voller Freude überschwänglich in die Arme gefallen. Es tat
einfach gut, endlich wieder hier zu sein. Sie fuhr mit mir zur neuen
Wohnung der Familie, welche in mitten der Stadt liegen sollte. Koffer
die 3 Stockwerke hoch tragen, mein eigenes, großes Zimmer mit
richtigen Bett bestaunen und bloß schnell unter die Dusche. Dusche?
Wasser? Das war wohl nichts, denn in Maputo herrscht zur Zeit
unheimliche Wasserknappheit, zumindest was die Wasserversorgung
angeht. Die Empregada hatte dennoch bereits Wasser auf dem Herd
stehen und bescherte mir somit meine erste und dann auch noch warme
mosambikanische Dusche. Frisch gemacht und gesättigt ging ich sofort
raus, um meine alte Handykarte wieder zu aktivieren und die Stadt
aufzusaugen. Ich wollte dieses mal einfach keine Minute Zeit
verschwenden.
Nachdem am zweiten Tag
dann auch meine Bankprobleme erledigt waren, ging es ein weiteres mal
los mit meinem Alltagsleben in Mosambiks aufregender Hauptstadt. Und
genau deshalb werde ich hier keine Tagesberichte mehr schreiben. Ich
weiß sowieso nicht mehr, was ich wann gemacht habe und außerdem
liest sich das doch auch total unschön.
In den folgenden Tagen
habe ich also alles gemacht, was ich im vergangenen Jahr so sehr
vermisst habe. Ich bin einfach viel durch die Straßen gelaufen, habe
mich kurz in ein Café gesetzt, etwas kühles getrunken, eine
Kleinigkeit gegessen. Ich war auf dem Mercado Central, Capulanas
kaufen, auf Feima, Eis essen im Jardim dos Namorados. Fast täglich
war ich bei Museu und habe es genossen, auch am Abend noch mit kurzer
Kleidung draußen sein zu können. Das kühle Bier oder des öfteren
auch nur eine Fanta gehörten einfach dazu. Ein Hamburger Completo
durfte natürlich auch nicht fehlen, genauso wenig wie das gut
gegrillte Hähnchen an der Costa de Sol. Ich war feiern im Club
Naval, einen Gin Tonic in einer verwerflich teuren Bar trinken. Und
ich habe wieder getanzt. Durch die aktuellen Freiwilligen bin ich
wieder zu meiner alten Tanzgruppe Milhoro gekommen und habe es so
sehr genossen, wieder vertraute und neue Tanzschritte zu lernen. Die
mosambikanischen Rhythmen taten einfach gut. Ich habe geschwitzt,
egal ob mit oder ohne Tanzen. Während der 4 Wochen in Mosambik habe
ich mich viel mit den neuen Freiwilligen unterhalten. Interessant zu
hören, in welchen Projekten sie mittlerweile so arbeiten, was sich
geändert hat, was noch ähnlich ist. Welche Probleme es gibt. Und
auch, wenn ich gern über mein Jahr erzähle, bin ich „froh“,
dass es vorbei ist. Dass ich diese ersten Erfahrungen, mit denen ich
mich anfangs schwer getan habe, bereits hinter mir habe. Und dass ich
meine Zeit jetzt einfach nur genießen kann. Ich ärgere mich nicht
mehr so sehr über volle Chapas oder aufdringliche Männer. Ich mache
einen Spaß und der Tag kann weiter gehen. Ich bin in Maputo, auch
wenn es komisch klingt, freier. Ich mache mir einfach keine Gedanken.
Aber das liegt bestimmt auch daran, dass ich Ferien hatte. Keine Uni,
keine Arbeit, die in deinem Kopf herumschwirrt. Einfach Urlaub. In
den Tag hinein leben. Pläne machen oder auch nicht. Wohl eher
weniger. Und doch hatte ich einen „Plan“. Ich wollte wieder nach
Tofo, tauchen gehen. Das Gefühl wieder aufleben lassen, wie es ist,
allein dort hin zu reisen. Nachdem ich mich also wieder 2 Wochen in
Maputo an meinen Alltag gewöhnt hatte, ging es mit dem Chapa 500km
in die Provinz Inhambane zum Praia de Tofo. Ich hatte geplant, 4 Tage
dort zu bleiben, vielleicht 2 mal tauchen zu gehen. Daraus wurden
dann 7 Tage, 5 Tauchgänge, viele neue Bekanntschaften, Treffen mit
alten Bekannten und viele lustige und ausgelassene Abende. Ich liebe
Tofo und das Gefühl was ich in meinem Herzen habe, wenn ich das
erste mal die Sandstraße herunter laufen kann. Ich denke, meine
Eltern können mittlerweile gut nachvollziehen, warum ich Tofo und
auch Inhambane so sehr liebe. Warum das meine zweite Heimat in
Mosambik geworden ist. Mein Lieblingsort, außerhalb der stressigen
Hauptstadt. Dieses Gefühl kann ich mit keinem auf der Welt
vergleichen, zumindest bisher nicht.
In Tofo habe ich unter
anderem auch Lea kennen gelernt, die seit einiger Zeit allein durchs
südliche Afrika reist. Da sie auch Maputo kennen lernen wollte, lud
ich sie ein, bei meiner Gastfamilie mit unterzukommen. Die folgenden
4 Tage zeigte ich ihr viele Ecken Maputos und so kam auch ich noch
einmal dazu, Sachen zu machen, die ich sonst so vielleicht nicht mehr
gemacht und mich im Nachhinein darüber geärgert hätte. Wir fuhren
nach ausgiebigen Capulana-Einkäufen auch wieder nach Chopal zur
Schneiderin meines Vertrauens. In unheimlich kurzer Zeit nähte sie
die schönsten Sachen für uns. Mein Kleiderschrank in Deutschland
wird mittlerweile immer bunter und ich glaube, ich werde auch langsam
„mutiger“, diese schönen Stücke auch in meinem Alltag hier
einzubauen. Sie sind einfach zu schön, um nur im Schrank zu hängen!
Nachdem Lea dann weiter
nach Swaziland fuhr, blieben mit plötzlich nur noch 5 Tage bis zu
meinem Rückflug. Und dann fragt man sich auf einmal, wo denn die
Zeit schon wieder hin ist. Ich erledigte also alles, was noch auf
meiner Liste stand, holte noch einige Souvenirs ein, ging noch ein
letztes Mal ins Nucleo, ins Café Continental, verbrachte meinen
letzten Abend in meiner Gastfamilie. Und dann war es so weit. Am
nächsten Morgen wurde ich um 7:30 Uhr von Gledice geweckt, die sich
von mir verabschieden wollte. Auch, wenn ich kaum die Augen aufbekam,
liefen mir auf einmal die Tränen, als sie so vor mir stand. Doch
ihre folgenden Worte heilten allen Abschiedsschmerz: „Anni, du bist
doch Familie und du wirst immer wieder kommen. Du brauchst nicht
weinen, meine Tochter.“
Ich bin nach wie vor ein
Bestandteil der Familie und ich denke, dass sich die Beziehung zu
Gledice und Nercio in diesem Jahr noch einmal verfestigt hat. Es gibt
eigentlich nichts, worüber ich mit ihnen nicht sprechen kann. Auch
das Verhältnis zwischen Aillen und mir war dieses mal sehr intensiv.
So waren ihre Abschiedsworte: „Du setzt dich jetzt aufs Sofa, und
wenn ich wieder komme, dann bist du noch hier. Du darfst nicht
weggehen.“
Ich liebe meine Familie,
die ich bereits vor über 2,5 Jahren dazu gewonnen habe. Und wenn ihr
euch jetzt fragt, warum ich bisher nichts vom Baby geschrieben
habe... Na gut, dann eben jetzt. Mein kleiner süßer Fratz heißt
Thaylson und ist Ende Februar gerade 4 Monate alt geworden. Er ist
unheimlich groß und isst verdammt viel. Wenn dieses Bedürfnis dann
aber erst einmal erfüllt, ist er ein ganz ruhiger und schläft den
ganzen Tag nur oder ist total aufgeweckt und strahlt mit einem um die
Wette! Er ist einfach bezaubernd und es ist merkwürdig zu wissen,
dass er das nächste mal schon etwas sprechen und laufen können
wird. Wie sehr die Zeit voran schreitet, habe ich allerdings auch
schon an Aillen gemerkt, die mittlerweile richtig in ihre Rolle der
großen Schwester herein gewachsen ist. Auch sind ihre Konversationen
an Inhalt und Ernsthaftigkeit gewachsen. Ich habe sie mit 2,5 Jahren
kennengelernt, jetzt feiert sie bald ihren 5. Geburtstag.
Und doch zeigen mir die
letzten Jahre, dass ich wirklich Glück mit meiner Gastfamilie hatte,
welches ich nicht mit vielen anderen Freiwilligen teilen darf. Ich
bin dankbar, dass sie mich dieses mal ohne zu Überlegen aufgenommen
haben, als wäre es das Selbstverständlichste. Ich hatte meinen
eigenen Schlüssel, konnte heim kommen, wann immer ich es wollte. Ich
durfte ausschlafen, hatte aber auch die Möglichkeit, vor allem mit
Gledice über familiäre Probleme zu reden. Auch, wenn ich bis auf
Nercios Eltern dieses Mal niemand anderen aus der Familie gesehen
habe, so habe ich dennoch das Gefühl, noch mehr ein Teil davon
geworden zu sein. Immerhin sagte Gledice immer ganz stolz beim
Telefonieren: „Meine Tochter ist hier, Anni. Wollt ihr nicht mal
vorbei kommen?“
Und ich denke mit diesen
schönen Worten werde ich langsam zum Schluss kommen. Ich sitze
gerade im Zug, als ich diese Zeilen schreibe. In den letzten Tagen in
Mosambik hatte ich tausend andere Gedanken im Kopf, als diesen
Eintrag zu schreiben, aber nun denke ich, habe ich es doch relativ
gut zusammen gefasst. Entschuldigt noch einmal, dass es länger
gedauert hat, als versprochen.
Und nun gibt es bestimmt
auch einige, die sich fragen, was ich euch denn das letzte Mal noch
nicht erzählen wollte. Doch darüber schreibe ich einen kurzen
Extraeintrag, denn irgendwie passt das nicht ganz zusammen.
Also, bleibt gespannt.
Auch wenn ich denke, dass einige es schon wissen.
Bis dahin fühlt euch
alle gedrückt aus dem fernen Bayern, wo ich mittlerweile übrigens
studiere.
Eure Anni :)