Von August 2014 bis Juli 2015 habe ich in Mosambik gelebt und gearbeitet. Auf diesen Seiten werde ich von einige Eindrücke und Erfahrungen von meinem Freiwilligendienst in Maputo, der Hauptstadt, berichten. Bitte bedenkt, dass lediglich meine persönliche Sicht auf die Dinge hier zu lesen sein wird und dies nicht zu verallgemeinern ist! Es freut mich, dass ihr hier her gefunden habt!

Sonntag, 19. März 2017

Zurückkehren Teil 2

Hallo ihr Lieben,

viele von euch haben diesen Eintrag lang herbei gesehnt. Ich weiß. Doch erst jetzt habe ich die Zeit und auch etwas Muße, mich wieder hinzusetzen und zu schreiben. Auch, wenn ich schon gar nicht mehr in Mosambik bin. Ich fühle mich einfach schuldig und werde versuchen, die vergangene Zeit mal etwas zusammen zu fassen. Nehmt es mir bitte nicht übel, aber an so vieles kann ich mich nicht mehr im Detail erinnern. Aber ich fang erst einmal an...

Angekommen in Mosambik wurde ich von meiner Gastmutter am Flughafen in Maputo abgeholt. Wir sind uns voller Freude überschwänglich in die Arme gefallen. Es tat einfach gut, endlich wieder hier zu sein. Sie fuhr mit mir zur neuen Wohnung der Familie, welche in mitten der Stadt liegen sollte. Koffer die 3 Stockwerke hoch tragen, mein eigenes, großes Zimmer mit richtigen Bett bestaunen und bloß schnell unter die Dusche. Dusche? Wasser? Das war wohl nichts, denn in Maputo herrscht zur Zeit unheimliche Wasserknappheit, zumindest was die Wasserversorgung angeht. Die Empregada hatte dennoch bereits Wasser auf dem Herd stehen und bescherte mir somit meine erste und dann auch noch warme mosambikanische Dusche. Frisch gemacht und gesättigt ging ich sofort raus, um meine alte Handykarte wieder zu aktivieren und die Stadt aufzusaugen. Ich wollte dieses mal einfach keine Minute Zeit verschwenden.
Nachdem am zweiten Tag dann auch meine Bankprobleme erledigt waren, ging es ein weiteres mal los mit meinem Alltagsleben in Mosambiks aufregender Hauptstadt. Und genau deshalb werde ich hier keine Tagesberichte mehr schreiben. Ich weiß sowieso nicht mehr, was ich wann gemacht habe und außerdem liest sich das doch auch total unschön.
In den folgenden Tagen habe ich also alles gemacht, was ich im vergangenen Jahr so sehr vermisst habe. Ich bin einfach viel durch die Straßen gelaufen, habe mich kurz in ein Café gesetzt, etwas kühles getrunken, eine Kleinigkeit gegessen. Ich war auf dem Mercado Central, Capulanas kaufen, auf Feima, Eis essen im Jardim dos Namorados. Fast täglich war ich bei Museu und habe es genossen, auch am Abend noch mit kurzer Kleidung draußen sein zu können. Das kühle Bier oder des öfteren auch nur eine Fanta gehörten einfach dazu. Ein Hamburger Completo durfte natürlich auch nicht fehlen, genauso wenig wie das gut gegrillte Hähnchen an der Costa de Sol. Ich war feiern im Club Naval, einen Gin Tonic in einer verwerflich teuren Bar trinken. Und ich habe wieder getanzt. Durch die aktuellen Freiwilligen bin ich wieder zu meiner alten Tanzgruppe Milhoro gekommen und habe es so sehr genossen, wieder vertraute und neue Tanzschritte zu lernen. Die mosambikanischen Rhythmen taten einfach gut. Ich habe geschwitzt, egal ob mit oder ohne Tanzen. Während der 4 Wochen in Mosambik habe ich mich viel mit den neuen Freiwilligen unterhalten. Interessant zu hören, in welchen Projekten sie mittlerweile so arbeiten, was sich geändert hat, was noch ähnlich ist. Welche Probleme es gibt. Und auch, wenn ich gern über mein Jahr erzähle, bin ich „froh“, dass es vorbei ist. Dass ich diese ersten Erfahrungen, mit denen ich mich anfangs schwer getan habe, bereits hinter mir habe. Und dass ich meine Zeit jetzt einfach nur genießen kann. Ich ärgere mich nicht mehr so sehr über volle Chapas oder aufdringliche Männer. Ich mache einen Spaß und der Tag kann weiter gehen. Ich bin in Maputo, auch wenn es komisch klingt, freier. Ich mache mir einfach keine Gedanken. Aber das liegt bestimmt auch daran, dass ich Ferien hatte. Keine Uni, keine Arbeit, die in deinem Kopf herumschwirrt. Einfach Urlaub. In den Tag hinein leben. Pläne machen oder auch nicht. Wohl eher weniger. Und doch hatte ich einen „Plan“. Ich wollte wieder nach Tofo, tauchen gehen. Das Gefühl wieder aufleben lassen, wie es ist, allein dort hin zu reisen. Nachdem ich mich also wieder 2 Wochen in Maputo an meinen Alltag gewöhnt hatte, ging es mit dem Chapa 500km in die Provinz Inhambane zum Praia de Tofo. Ich hatte geplant, 4 Tage dort zu bleiben, vielleicht 2 mal tauchen zu gehen. Daraus wurden dann 7 Tage, 5 Tauchgänge, viele neue Bekanntschaften, Treffen mit alten Bekannten und viele lustige und ausgelassene Abende. Ich liebe Tofo und das Gefühl was ich in meinem Herzen habe, wenn ich das erste mal die Sandstraße herunter laufen kann. Ich denke, meine Eltern können mittlerweile gut nachvollziehen, warum ich Tofo und auch Inhambane so sehr liebe. Warum das meine zweite Heimat in Mosambik geworden ist. Mein Lieblingsort, außerhalb der stressigen Hauptstadt. Dieses Gefühl kann ich mit keinem auf der Welt vergleichen, zumindest bisher nicht.
In Tofo habe ich unter anderem auch Lea kennen gelernt, die seit einiger Zeit allein durchs südliche Afrika reist. Da sie auch Maputo kennen lernen wollte, lud ich sie ein, bei meiner Gastfamilie mit unterzukommen. Die folgenden 4 Tage zeigte ich ihr viele Ecken Maputos und so kam auch ich noch einmal dazu, Sachen zu machen, die ich sonst so vielleicht nicht mehr gemacht und mich im Nachhinein darüber geärgert hätte. Wir fuhren nach ausgiebigen Capulana-Einkäufen auch wieder nach Chopal zur Schneiderin meines Vertrauens. In unheimlich kurzer Zeit nähte sie die schönsten Sachen für uns. Mein Kleiderschrank in Deutschland wird mittlerweile immer bunter und ich glaube, ich werde auch langsam „mutiger“, diese schönen Stücke auch in meinem Alltag hier einzubauen. Sie sind einfach zu schön, um nur im Schrank zu hängen!
Nachdem Lea dann weiter nach Swaziland fuhr, blieben mit plötzlich nur noch 5 Tage bis zu meinem Rückflug. Und dann fragt man sich auf einmal, wo denn die Zeit schon wieder hin ist. Ich erledigte also alles, was noch auf meiner Liste stand, holte noch einige Souvenirs ein, ging noch ein letztes Mal ins Nucleo, ins Café Continental, verbrachte meinen letzten Abend in meiner Gastfamilie. Und dann war es so weit. Am nächsten Morgen wurde ich um 7:30 Uhr von Gledice geweckt, die sich von mir verabschieden wollte. Auch, wenn ich kaum die Augen aufbekam, liefen mir auf einmal die Tränen, als sie so vor mir stand. Doch ihre folgenden Worte heilten allen Abschiedsschmerz: „Anni, du bist doch Familie und du wirst immer wieder kommen. Du brauchst nicht weinen, meine Tochter.“
Ich bin nach wie vor ein Bestandteil der Familie und ich denke, dass sich die Beziehung zu Gledice und Nercio in diesem Jahr noch einmal verfestigt hat. Es gibt eigentlich nichts, worüber ich mit ihnen nicht sprechen kann. Auch das Verhältnis zwischen Aillen und mir war dieses mal sehr intensiv. So waren ihre Abschiedsworte: „Du setzt dich jetzt aufs Sofa, und wenn ich wieder komme, dann bist du noch hier. Du darfst nicht weggehen.“
Ich liebe meine Familie, die ich bereits vor über 2,5 Jahren dazu gewonnen habe. Und wenn ihr euch jetzt fragt, warum ich bisher nichts vom Baby geschrieben habe... Na gut, dann eben jetzt. Mein kleiner süßer Fratz heißt Thaylson und ist Ende Februar gerade 4 Monate alt geworden. Er ist unheimlich groß und isst verdammt viel. Wenn dieses Bedürfnis dann aber erst einmal erfüllt, ist er ein ganz ruhiger und schläft den ganzen Tag nur oder ist total aufgeweckt und strahlt mit einem um die Wette! Er ist einfach bezaubernd und es ist merkwürdig zu wissen, dass er das nächste mal schon etwas sprechen und laufen können wird. Wie sehr die Zeit voran schreitet, habe ich allerdings auch schon an Aillen gemerkt, die mittlerweile richtig in ihre Rolle der großen Schwester herein gewachsen ist. Auch sind ihre Konversationen an Inhalt und Ernsthaftigkeit gewachsen. Ich habe sie mit 2,5 Jahren kennengelernt, jetzt feiert sie bald ihren 5. Geburtstag.
Und doch zeigen mir die letzten Jahre, dass ich wirklich Glück mit meiner Gastfamilie hatte, welches ich nicht mit vielen anderen Freiwilligen teilen darf. Ich bin dankbar, dass sie mich dieses mal ohne zu Überlegen aufgenommen haben, als wäre es das Selbstverständlichste. Ich hatte meinen eigenen Schlüssel, konnte heim kommen, wann immer ich es wollte. Ich durfte ausschlafen, hatte aber auch die Möglichkeit, vor allem mit Gledice über familiäre Probleme zu reden. Auch, wenn ich bis auf Nercios Eltern dieses Mal niemand anderen aus der Familie gesehen habe, so habe ich dennoch das Gefühl, noch mehr ein Teil davon geworden zu sein. Immerhin sagte Gledice immer ganz stolz beim Telefonieren: „Meine Tochter ist hier, Anni. Wollt ihr nicht mal vorbei kommen?“

Und ich denke mit diesen schönen Worten werde ich langsam zum Schluss kommen. Ich sitze gerade im Zug, als ich diese Zeilen schreibe. In den letzten Tagen in Mosambik hatte ich tausend andere Gedanken im Kopf, als diesen Eintrag zu schreiben, aber nun denke ich, habe ich es doch relativ gut zusammen gefasst. Entschuldigt noch einmal, dass es länger gedauert hat, als versprochen.

Und nun gibt es bestimmt auch einige, die sich fragen, was ich euch denn das letzte Mal noch nicht erzählen wollte. Doch darüber schreibe ich einen kurzen Extraeintrag, denn irgendwie passt das nicht ganz zusammen.

Also, bleibt gespannt. Auch wenn ich denke, dass einige es schon wissen.
Bis dahin fühlt euch alle gedrückt aus dem fernen Bayern, wo ich mittlerweile übrigens studiere.

Eure Anni :)





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