Teil 1 – Zwischen Sonne
und Regen leuchtet irgendwo der bunte Regenbogen!
Hallo ihr Lieben,
nun sind es schon zwei
Monate hier in Mosambik. Zwei Monate mit vielen Hochs und Tiefs, mit
hässlichen Ecken und schön polierten Kanten. Das Leben hier in
Mosambik ist abwechslungsreich, jeden Tag gibt es noch immer
Kleinigkeiten, die einen neu erfreuen, Neues, was man lernen oder
einfach akzeptieren muss und immer wieder Neues, das einen zum
Strahlen bringt. Vielfalt steckt wohl immer in einem solchen
Lebensabschnitt, wenn man sich dazu entscheidet, ein Jahr in einem
anderen Land zu verbringen. Es gibt nicht nur immer Sonnenschein,
denn wer den Regenbogen sehen will, muss auch den Regen ertragen. Und
das meine ich hier wohl im wahrsten Sinne des Wortes (auch wenn die
ersehnte Regenzeit immer noch nicht eingesetzt hat und das Land zur
Zeit von drückender Dürre überzogen wird).
Würde es mir hier
richtig gut gehen, sodass ich schon jetzt nicht mehr nach Hause
möchte, würde ich diesen Eintrag nicht mit solchen Worten
einleiten. Doch leider muss ich euch mitteilen, dass ich hier noch
nicht angekommen bin. Klar, irgendwie schon – auch manche Ecken
habe ich mir mittlerweile schön poliert – aber dennoch sind die
letzten zwei Monate nicht so verlaufen, wie erhofft. Ich habe mich
nicht in das Land, Mosambik, verliebt. Ich habe eine geteilte Meinung
über die Leute hier. Ich bin in meinem Projekt nicht angekommen,
fühle mich meist nicht so richtig gebraucht. Es tut mir leid, wenn
ich mit diesem Eintrag vielleicht enttäusche, aber ich möchte euch
meinen Aufenthalt hier nicht verschönigen, sondern so realistisch
wie möglich berichten.
Jetzt denkt bitte nicht,
dass ich mich nächste Woche in den Flieger setze und wieder zurück
nach Deutschland fliege, aber dennoch gibt es eben Tage, an denen ich
genau mit diesem Gedanke aufwache oder einschlafe. Auch wenn ich
nicht mehr genau weiß, was für Erwartungen ich an dieses Jahr in
Mosambik gestellt habe, so weiß ich sicher, dass sie sich bis zum
heutigen Zeitpunkt nicht erfüllt haben. Ich wollte mich wohler
fühlen, wollte meine Rolle im Projekt kennen und mir hier einen
richtigen Alltag aufgebaut haben. Ich weiß, dass das mit Sicherheit
zu einem Großteil auch an mir selbst liegt, und nicht nur am Land,
an den Leuten, an der Organisation oder weiß ich was. Ich habe die
letzten Wochen an mich vorbei ziehen lassen und bin langsam an dem
Punkt angelangt, an dem es mir reicht. Morgen werde ich mit ein paar
anderen Freiwilligen tanzen gehen, vielleicht ein kleiner, womöglich
aber ein riesiger, wenn nicht sogar DER Schritt für mich, hier
endlich anzukommen. Maputo ist laut, voll von Mensch,... Ihr kennt ja
meine Meinung über diese Stadt.
So langsam gehe ich jetzt
mal in einen richtigen Bericht über... Letzte Woche Donnerstag hieß
es hier: Feiertag! (Fragt mich aber bitte nicht, welcher Feiertag es
genau war...) Freitag durften wir uns frei nehmen und so sind einige
von uns über das lange Wochenende von Donnerstag bis Samstag nach
Bilene gefahren. Andere waren das gesamte Wochenende in Xai Xai, was
nochmal etwas nördlicher liegt. Es war ein entspanntes Wochenende,
an türkisblauem Wasser. Ich habe mich hier von meinen Dreadlocks
getrennt (na gut, eine hab' ich noch, aber wohl eher wegen der
Schmerzen, die man nicht so leicht aushält), lange Gespräche mit
den anderen Freiwilligen geführt und auch bei einigen von ihnen
rausgehört, dass es ihnen genauso geht, wie mir: „Ich bin hier
noch nicht angekommen.“ Es gibt bei einigen Tage, an denen wir das
Geld annehmen würden, wenn es uns jemand für den Rückflug
anbietet. Ein komisches, irgendwie doofes Gefühl. Dafür war ein
kleiner Moment am Wochenende für mich dann umso schöner: Am Sonntag
haben wir, nachdem ich bei mir zu Hause viel kochen durfte, in
unserer Stadtwohnung eine Überraschungsparty für die Finnin in
unserer Runde geschmissen. Sie wurde am Montag 25, sodass wir den
Sonntag zum rein- und „vorfeiern“ nutzten. Sie hat sich so sehr
über unsere Überraschung gefreut, da sie schon traurig war, dass
wir am Montag alle nichts unternehmen könnten,... An diesem Tag habe
ich mich in unserer Wohnung und mit den anderen Freiwilligen so
unheimlich wohl gefühlt, wie schon lange hier nicht mehr. Wir haben
zuletzt mit insgesamt zehn Leuten in der Wohnung geschlafen, was sehr
„kuschlig“ war. Und obwohl ich auf dem Boden lag, bin ich dennoch
mit einem Lächeln eingeschlafen. Komisch, dass solche Momente einem
ein Wohlfühlgefühl geben, aber allein Emmis Strahlen, als wir sie
um 12 Uhr noch mit einem Kuchen überraschten, gab mir das Gefühl,
hier eine eigene, kleine Familie zu haben. Es ist schön, die anderen
um sich zu wissen, aber jetzt will ich langsam auch allein hier klar
kommen. Vielleicht ist es genau deshalb auch gar nicht so verkehrt,
dass ich ab morgen alleine bei REMAR arbeiten werde. Heute haben die
Kinder und ich anlässlich Annas letzten Tags im Projekt eine kleine
Überraschung gemacht: Ich habe Luftballons mitgebracht, mich in ein
Zimmer zurück gezogen als auf einmal ein paar der Mädchen reinkamen
und mir helfen und die Ballons beschriften wollten. Sie schrieben
Sätze wie „Adeus, Tia Anna!“ oder „Deus vai contigo.“ (Gott
geht mit dir). Es war eine schöne Überraschung und ich hoffe, dass
die Kinder sie vermissen werden. Gleichzeitig wünsche ich mir aber
auch, dass meine Beziehung zu den Kindern in der nächsten Zeit etwas
wachsen wird. Die Kinder sind Zucker und ich liebe „fast“ jedes
Einzelne von ihnen (es gibt ja überall Ausnahmen^^)! Aber dennoch
erfüllt mich das Projekt nicht so, wie ich es erhofft habe. Ich
wünsche mir, in den folgenden Wochen meinen Platz zu finden oder ihn
zumindest etwas genauer zu definieren. Ich weiß, ich bin nicht gut
im Beschreiben von Dingen, sodass man es auf Anhieb versteht, aber
dennoch hoffe ich, ihr habt ein kleines Bild von meinen Gefühlen
hier im Projekt.
Das soll es fürs erste
hier wohl gewesen sein. Bis dahin fühlt euch
alle gedrückt und geknuddelt. Ihr fehlt mir sehr, meine Lieben!
Eure Anni :)
Der Blick in Bilene aus unseren kleinen Chalets :) |
Clara beim rauskämmen meiner ersten Dreadlock... Aua! |
Dehnung beim Warten aufs Chapa: Christopher (Schweden), ich und Lion (Deutschland). |
Emmi (Finnland) beim Anschneiden ihres Geburtstagskuchens :) |
Teil 2 - Ein Nachtrag, der euch glücklich machen wird.
(Der zweite Versuch, weil das Internet ja nie so mitspielen kann, wie man will...)
So, nochmal das Ganze, in der Hoffnung, dass ich noch alles zusammen bekomme!
Gleich zu Beginn möchte ich mich irgendwie für den ersten Teil dieses Eintrages entschuldigen. Besonders meinen Eltern habe ich damit anscheinend etwas geschockt. Das wollte ich natürlich nicht, aber wie ich oben bereits geschrieben habe, möchte ich euch keine Märchen erzählen oder das Paradies vorschwärmen. Ich hoffe, ihr könnt das verstehen.
Jetzt zum eigentlichen Anlass, warum ich schon zwei Tage später meinen Monatsbericht um einen Teil erweitere: Das Tanzen gestern war DIE Rettung! Auch wenn es erst eine Einheit war, weiß ich dennoch, das genau das mir so sehr gefehlt hat! Ich glaube, es ist nicht mal unbedingt das Tanzen an sich, sondern einfach das Wissen über den Fakt, dass ich ab sofort an drei Abenden in der Woche einem meiner liebsten Hobbys auch hier weit entfernt von zu Hause und meiner alten Tanzgruppe nachgehen werde. Und dann auch noch mit anderen Leuten, die mir in den letzten Monaten sehr ans Herz gewachsen sind. Für umgerechnet 15€ im Monat darf ich jetzt Dienstag, Mittwoch und Freitag zum Tanzen - oder doch eher Fitness. Es sind fast alles Anfänger und so müssen wir erstmal in die mosambikanische Kunst des Hüftschwungs, der Rückenbeugung und des Fühlens komischer Muskeln in den Armen rangeführt werden. Ich war schon lange nicht mehr so gelaunt wie gestern nach den 1 1/2 Stunden Training :)
Kleiner, aber dennoch nicht ganz so großer Themawechsel: Warum habe ich denn eigentlich das Gefühl, hier nicht so angekommen bin? Vielleicht sollte ich das nach dem letzten Eintrag mal etwas genauer versuchen, zu erklären. Wir als Freiwillige des ICJA/ICYE haben das große Glück, viele andere Menschen zu kennen, die ihren Freiwilligendienst in der ganzen Welt absolvieren. Viele von ihnen schreiben wie ich einen Blog während ihres Aufenthaltes. Wenn man sich einmal darin verloren hat, kann man gar nicht mehr aufhören zu lesen, das verspreche ich euch! Doch genau darin liegt vielleicht auch das Problem: So viele schreiben von so wundervollen Erfahrungen die sie machen, Menschen, die sie kennen lernen und Dingen, die sie faszinieren. Egal ob in Nicaragua, Neuseeland, Bolivien, Taiwan oder England. Überall auf der Welt schreiben junge Erwachsene über ihre Erlebnisse, die mich hier in Mosambik schon ab und an neidisch werden lassen. Ja klar, jetzt denkt ihr euch bestimmt: "Ach Anni, komm, beschwer dich nicht, du bist in MOSAMBIK!". Aber naja, so leicht ist das nicht. Vielleicht wird das auch nicht jeder nachvollziehen können, doch manchmal kommt es mir so vor, als wäre ich erst 2 Wochen hier, als hätte ich noch gar nicht so viel Zeit gehabt, so richtig viel Unglaubliches zu erleben. Auf der anderen Seite hat mich der "langweilig ruhige" Alltag hier schon so gepackt, dass ich denke, ich wäre schon mindestens 4 Monate in diesem Land. Doch irgendwo dazwischen, da bin ich jetzt. Umso schöner ist es für mich, dass ich in den letzten Tagen durch das Tanzen, den irgendwie neu entfachten "Zusammenhalt" zwischen uns Freiwilligen und die allgemeine Situation hier (es sind so viele Kleinigkeiten, die da mit reinspielen und die ich hiermit zusammenfassen will) endlich wieder besser drauf bin. Auch wenn der letzte, etwas negative Eintrag erst ca. 50 Stunden her ist... Ja, so schnell ändern sich Dinge, weshalb ich mich mit dem täglichen Blog-schreiben wohl doch sehr zurückhalte. Ich glaube, manche wären von meinen wechselnden Gefühlen etwas überrumpelt...
Morgen haben wir also wieder Tanztraining, dann geht es in die Stadtwohnung und am Samstag wurde ich von meinen Gasteltern zu irgendeinem Familienbrunch eingeladen. Worum es sich genau handelt, habe ich allerdings noch nicht so genau verstanden, da mein Portugiesisch zur Zeit irgendwo zwischen "Du kannst noch gar nicht sprechen." (meine Gasteltern) und "Mensch, nach zwei Monaten ist das schon richtig gut!" (Leute, mit denen man im Chapa spricht) liegen mag. Der nächste und somit abschließende Teil des Monatsberichts kommt also mit Sicherheit am Sonntag.
Ich weiß, dass ich mit Sicherheit einen Punkt in diesem Beitrag vergessen habe, nur will er mir jetzt nicht mehr einfallen...
Was ich euch deshalb ganz ganz dringend ans Herz legen möchte: Bitte fragt mich ganz viel, meinetwegen auch über Kleinigkeiten. Gern auch allgemeine Sachen, die ich hier dann für alle auf dem Blog posten kann. Gern werde ich auch eine extra Seite dazu anlegen (Ja, keine schlechte Idee...).
Damit möchte ich für heute abschließen und euch gern noch ein paar Blogs von anderen Freiwilligen ans Herz legen. Aber schaut einfach selber mal, was euch interessiert! :)
Katharina in Quito (Ecuador)
Katharina in Quito (Ecuador)
Das soll erst einmal reichen, auf vielen Blogs findet ihr immer noch Blogs von anderen Freiwilligen.
Eure Anni :)
Teil 3 - „Mögen dich
alle Elefanten beschützen.“ (Papa)
In den letzten Tagen habe
ich mir immer wieder eine kleine Notiz gemacht, wenn ich durch
Maputos Straßen gefahren bin und mir etwas aufgefallen ist, wovon
ich noch nicht ausführlich genug berichtet habe. Hier nun diese
kleinen Eindrücke.
Straßenstände
Natürlich gibt es in Mosambik ganz normale Supermärkte, wie
Shoprite oder auch Inter- und Superspar. Dennoch zeichnen die
Straßenstände Maputos Stadtbild prägend: Überall kann man alles
kaufen, was einem beliebt. Von Saisonobst über Unterwäsche bis hin
zu Ohrenstäbchen und Warndreiecken. An jeder Ecke findet man einen
kleinen Shop oder eben die so klischeehaften Holzstände. Hier kann
man handeln, lachen, nette Gespräche führen. Nach zwei Monaten
suche ich nicht mehr den nächst größten Supermarkt sondern frage
auf der Straße nach, wie teuer der Apfel an dem einen und die
Zahnpasta am nächsten Stand ist.
Wasser
Noch immer trinke ich nur selten das Leitungswasser Maputos. Es
schmeckt oft Chlorhaltig, oder auch einfach nur dreckig. Auch, wenn
meine Gastmutter es abkocht. Das geschieht mit gefühlt 10 Litern
Wasser am Tag, für Tee oder eben einfach als normales Trinkwasser.
Auch für eine heiße Dusche wird der Gasherd angemacht und ein
großer Topf Wasser gekocht, den ich mir später Hälfte Hälfte in
einem 10 Liter Eimer mischen kann. Ist die Gasflasche vom vielen
Kochen nach 2-3 Wochen leer (je nachdem, wie verschwenderisch die Tia
den Gasherd benutzt), so muss an diesem Abend der Grill herhalten.
Dann gibt es meistens Hühnchen, oder Fisch. Lecker ist das schon.
Könnt ihr euch vorstellen, kein fließend heißes Wasser aus der
Leitung und keine Wasserkocher zu haben? Ich genieße mittlerweile
meine kalte Dusche am Morgen, weil es mir die 10 Minuten mehr Schlaf
eindeutig Wert sind!
Mosambikanisches
Essen
Als
typisches mosambikanisches Essen kann ich bis dato nur recht wenig
nennen, denn ich will nicht behaupten, längst alles zu kennen. Zumal
ist dieses Land so riesig, dass es in jeder Provinz spezielle
Köstlichkeiten geben mag. Was hier beinahe jeden Tag auf dem Tisch
landet sind Xima und Reis (bei uns Kokosreis à la Mama Gledice),
dazu Feijoadas (Bohnen), Frango (Hühnchen) oder etwas
Spinat-ähnliches, dessen Namen wir alle immer wieder vergessen. Das
schiebe ich später bestimmt mal nach! Auf der Straße bekommt man
für umgerechnet 25ct ein „Pao com badjias“ - Brot mit
frittiertem Bohnenmus, würde ich jetzt mal sagen. Neben dem guten
Preis macht dieses Essen einfach noch richtig satt. Nicht umsonst
wird es hier ab und an als „Essen der Armen“ bezeichnet.
Refrescos –
Kaltgetränke
Falls
ihr denkt, ich trinke hier nur Wasser und Kokosmilch, so habt ihr
euch gewaltig getäuscht. In Mosambik findet ein so gewaltiger Umsatz
der Coca Cola Company statt, den man sich nicht vorstellen kann. Eine
kleine Glasflasche kostet 15mt, ca. 38ct, eine Dose 25mt, 63ct. Auch
Saft stellt diese Firma her, der an manchen Tagen einfach wahnsinnig
gut tut. Jeden Morgen, wenn ich auf dem Weg nach Liberdade bin, fahre
ich die (übersetzt) Industriestraße entlang. An meiner Endstation
befinden sich zahlreiche Barracas (Kneipen), Straßenhändler und
Pastelarias (Bäckereien, Imbiss,... - irgendwie alles in einem). Sie
werden mit mehreren riesigen Trucks der benannten Company bedient.
Die Refrescos erfrischen mich wirklich jeden Tag, jedoch ist zum
Beispiel die Fanta hier viel süßer und auch die Cola schmeckt mir
zumindest nicht ganz so gut. Wahnsinn, wenn man die Preise mit denen
Deutschlands vergleicht …
Chapalego
In
Mosambik herrscht das Gesetz: Solange mein Chapa fährt, fährt es.
Umso mehr Ersatzteile es trägt, umso schöner ist es. Nicht so, wie
ich es auf anderen Blogs lese, wo es um die Schönheit (in Sachen
Farbe,...) geht. Hier geht es auch nicht mehr um Sicherheit, sondern
um reines Geld. So wenig wie möglich für einen fahrbaren,
geldbringen Untersatz ausgeben und dann ab auf die Straße damit –
stürzen wir uns ins Verderben. Nein, ganz so schlimm ist es
natürlich nicht, aber dennoch würde jeder Mitarbeiter des TÜVS
hier am liebsten jedes Chapa von der Straße räumen.
Tradition gegen
Hits
Mosambiks
Musikgeschmack ist bunt. Mit angolanischem Einfluss erobern die
portugiesisch sprachigen Sänger die Herzen der Jugendlichen hier.
Dagegen stehen aber auch Bruno Mars oder Beyonce. Auf einem MyLove,
bepackt mit riesigen Gemüsetaschen, sitzen Frauen in Capulana,
singen auf Changana ihre traditionellen Lieder. Wenn man in ein Chapa
steigt, weiß man nie, welche Musik einen erwartet. Dennoch war es
bisher immer eine POSITIVE Überraschung!
Armes Land, teures
Leben?
Mosambik
ist in vielen Hinsichten ein Land voller Gegensätze, zumindest
soweit, wie ich es bisher kennengelernt habe. Durch viele Gespräche
mit meinen Gasteltern, Freunden oder einfach Fremden komme ich oft
aber immer wieder auf ein Thema: Geld. „Mosambik ist das fünft
ärmste Land der Welt.“ - ein Fakt, den ich hier nicht so sehr
bestätigt offen sehen kann, wie ich es erwartet hatte. Das Leben ist
dagegen wahnsinnig teuer. Hier gibt es kein Kindergeld, nicht viel
Urlaub, man muss laut Gledice für jede Kleinigkeit viel zu viel Geld
bezahlen. „Wie, und ihr bekommt Geld, wenn ihr Kinder macht?“
erkundigt sich Nercio. Ich bejahe und bekomme mit den Worten „Wenn
wir auch nur einen Cent wieder sehen würden.“ meine schon fast
erwartete Antwort. Seitdem ich diese Gespräche hier führe, laufe
ich an manchen Tagen mit anderen Augen durch die Straßen Maputos.
Immerhin habe auch ich knapp 500€ für mein Visum bezahlen dürfen,
was ich bis heute nicht in der Hand halte …
Portugiesisch für
Anfänger
Ich
kümmere mich im Projekt hauptsächlich um die Kleinsten, habe eine
zwei-jährige Gastschwester. Kein Wunder also, dass diese süßen
Kleinen sich noch nicht so ausdrücken können, wie sie es gerne
wollen, und erwarten natürlich eine „gute Schule“, um die
Landessprache Portugiesisch zu lernen. Leider stelle ich immer wieder
fest, dass ich an genau der selben Stelle stehe, wie meine Süßen
und plötzlich fühle ich mich wieder wie als Kleinkind. Damals, als
Mama mich noch beim Wort „Luffdabomm“ korrigieren musste … Wie
soll ich ihnen jemals das richtige Sprechen beibringen?!
Geschwindigkeit und
Alkohol
Laut
meinem Gastvater Nercio wäre es ein Unding, wenn ein Chapafahrer
betrunken die Leute hin und her fährt. Leider ist das aber vor allem
Freitags Realität und mittlerweile – Normalität. Bisher bin ich
immer sicher an mein Ziel gekommen. Doch auch Nercio selbst hält
sich nicht so ganz an seine Vorsätze. So kann es schon einmal sein,
dass er nach 5 oder mehr Cerveijas (Bier) seine Familie nach Hause
bringt … Erstaunlicherweise bemerkt man nur recht selten, dass er
doch schon etwas mehr Alkohol im Blut hat.
Auf
den meisten Straßen, auf denen wir uns hier mit den Chapas bewegen,
gelten für uns ungewohnte Geschwindigkeitsbegrenzungen: 60 auf der
EN4, so ähnlich wie bei uns die B1 (also Bundesstraße – Wie
schnell fahrt ihr da nochmal? 100Km/h?). Kein Wunder also, wenn eine
Strecke von 150km schon mal 4 Stunden oder länger dauern kann
(etliche Polizeikontrollen inbegriffen). Wenn denn mal das Tacho
eines Chapas funktioniert, habe ich bisher noch nicht mehr als 85km/h
darauf ablesen können …
Alltägliche
„Wunderheiten“
Ist
euch schon mal aufgefallen, dass ich hier in Mosambik nicht einfach
hautfarbene Strumpfhosen kaufen könnte? Zumindest auf den ersten
Gedanken, denn dann stößt man plötzlich auf den kontroversen
Gedanken, dass es natürlich hautfarbene Strumpfhosen gibt – nur
eben nicht überall, und nicht immer für Anni. Den selben Gedanken
findet man beim Thema Make Up … (Keine weiteren Ausführungen, da
ich eventuell auftretende minimal rassistische Formulierungen
vermeiden möchte.)
„Made in China“
Wer
häte es für möglich gehalten, aber auch hier kommt man nicht um
sie herum. Vor allem der Straßenbau wird von chinesischen
Unternehmen betrieben. Oft sieht man am Straßenrand asiatische
Gesichter in Anzügen. Und gleich daneben eine große Werbung:
„Quality at its best!“
Jeder
mag sich auch hier seine eigenen Gedanken zum Klischeedenken machen.
Eine etwas längere,
andere Geschichte
Ich wache auf, es ist
Samstag morgen, 8:00 Uhr. Mein Wecker hat mich aus meinem schlechten
Schlaf gerissen. Ich bin in der Stadtwohnung, liege zusammen mit Anna
und Clara auf einer Matratze und verspüre keine Drang, aufzustehen.
Nach einiger Zeit wird mir wieder bewusst, warum ich aufstehen muss:
Nercio und Gledice wollen mit mir zu einer Festa gehen. Sie holen
mich ab, wenn sie aus der Kirche zurück kommen. „Wir sind von 8:00
bis 12:00 Uhr dort. Wir wissen, dass du nicht mitkommen willst.“,
haben sie gesagt, als sie mich am Donnerstag einluden. 4 Stunden
Gottesdienst und das an einem Samstag? Wirklich, da kann etwas nicht
stimmen. Also mache ich mich gegen 9:00 Uhr auf den Weg, betrete um
10:00 Uhr das Haus und habe das ungute Gefühl, dass sie definitiv
NICHT um kurz nach 12 hier sein werden, um mich und meine Schwester
Aillen zu holen. Dennoch gehe ich schnell duschen, Haare waschen ist
erst morgen wieder dran, auch wenn sie durchaus schon heute gewaschen
werden könnten. Egal, sie meinten, die Party würde draußen
stattfinden. So richtig verstanden habe ich nicht, was das für eine
Feier werden soll, aber es hat etwas mit Gott auf sich. „Du wirst
es dann verstehen.“ - „Na gut“. Aillen wird von unserer neuen
Tia Louisa gewaschen und anschließend in ein sehr hübsches neues
Kleid gesteckt. Ich wundere mich, ziehe meine Jeans an, die ich
eigentlich waschen wollte, und eine weiße Bluse. Eine Strickjacke
und einen Schal gegen die Kälte am Abend – ja, das sollte gehen.
Einen Dresscode kenne ich bis dato nicht. Als Gledice und Nercio
schließlich um 14:45 Uhr ins Haus stürmen, traue ich meinen Augen
kaum. Nercio wahnsinnig ordentlich mit Anzug, Hemd, Krawatte und
Lederschuhen, Gledice im Capulana-Kostüm und mit High Heels, auf
denen ich nicht laufen könnte. Im Schlepptau haben sie einen
Jugendlichen, Kelvin, wie ich später erfahre. Er setzt sich ins
Wohnzimmer, schaut fern. Auch er trägt zumindest eine Anzughose, ein
Hemd mit Fliege sowie Lederschuhe. Er sagt nicht „Boa Tarde“.
Donna Louisa rennt hastig durch die Küche, während ich überlege,
wie ich mein Outfit anpassen könnte. Kleid? Definitiv nein, viel zu
kalt am Abend! Irgendwas, wozu ich Turnschuhe anziehen kann, denn
hübsche Schuhe habe ich hier leider nicht und Chinelos (Flip Flops)?
Lieber nicht... Ich entscheide mich letztendlich für meine frisch
gewaschene schwarze Jeans, die mir eigentlich etwas eng am Bauch
geworden ist, lasse meine Bluse an und wechsle die Strickjacke mit
meinem Blazer. Auch der Schal wird gegen ein eleganteres Tuch
getauscht. Schnell noch die saubersten Schuhe an und – besser geht
es eben nicht. Nercio sieht meine Schuhe, findet sie viel zu dreckig
und bittet mich, sie sauber zu schrubben, bis sie wieder weiß sind.
Na gut, dann mach ich das mal. Ich komme in den kleinen Essflur, wo
Aillen, Kelvin und Nercio sitzen und mosambikanisches Gebäck essen.
Herzhaftes, wie ich wenige Augenblicke später mitbekomme. Köstlich!
Gledice wuselt noch immer im Haus herum, sucht warme Jacken und
Decken zusammen. Langsam frage ich mich immer mehr, ob ich
„underdressed“ bin. Gegen 15:30 Uhr sitzen wir im Auto, mit dem
wir ca. eine Stunde Richtung Matola fahren. Kelvin ruft jemanden an
und fragt nach dem genauen Weg, seine Mutter, wie ich raushören
kann. Wir fragen uns zur Feierlokalität „1001 Festas“ durch und
eerreichen das paradiesische Gelände nach ca. 20 Minuten Sandstraße.
2 Pools, Sonnenliegen, Buffet, eine Bar, ein DJ, 3 große, runde
Tische, schön gedeckt. Im Pool sind viele Kinder, wenige Erwachsene
kommen auf uns zu und begrüßen uns. Meine Gasteltern werden als
„Padres de Kelvin“ (Gottes-Eltern) vorgestellt. So langsam
dämmert es mir, dass die Party für den Jugendlichen ist, der eben
im Auto neben mir noch eingeschlafen ist. Wir warten noch 5 Minuten,
bis Nercio alle bis dahin anwesenden Person zu sich holt und die
Festa eröffnet. Er redet über Gott, über die Jugend und über –
Confirmacao. Ich bin also auf der Konfirmation von Kelvin gelandet,
ohne es bewusst zu wissen. Und meine Gasteltern sind so etwas wie
seine Paten. In diesem Moment wird mir klar, WIE wenig ich über
Kirche bzw. Religion überhaupt weiß. Leider, wie ich in den
nächsten Stunden fühlen werde. Nachdem Nercio gesprochen hat,
bittet er Gledice, nun zu singen. Sie fängt an, das Halleluhja zu
singen und läd die Gäste dazu ein, mitzumachen. Mit dieser
Ansprache wird gleichzeitig das Buffet eröffnet, von dem ich mich
etwas später bediene: Kartoffelsalat, Pommes, Hühnchen und Salat
landen auf meinem Teller. Eigentlich gibt es noch so viele andere
leckere, kulinarischere Sachen, aber erst das Sichere. Später habe
ich bestimmt noch Hunger. Einige Minuten später sitze ich voll
gefuttert auf meinem Stuhl, trinke ein Glas Wein und erinnere mich
ein mal mehr daran, wie sehr nur ein Teller mosambikanischen Essens
schon stopfen kann. Die nächsten zwei Stunden vergehen, ich sitze am
Tisch, schreibe etwas mit Freunden und unterhalte mich gelegentlich.
Ich frage nach der Toilette und werde von zwei netten Frauen, ca.
Mitte/Ende 20 begleitet. Sie warten draußen auf mich um anschließend
mit mir Fotos zu machen. Selma und Suzy geben mir ihre Nummer und
versprechen mir, sich am Abend um mich zu kümmern. Ich kann mich gut
mit ihnen unterhalten. Kurze Zeit später wird die mittlerweile
angewachsene Feiergesellschaft wiederholt zusammengerufen und das
zuvor beschrieben ähnlich wiederholt. Jetzt wird jedoch das
Tortenbuffet eröffnet. Es gibt drei. Riesige Torten. Viel
Schokolade. Noch mehr Creme. Am meisten Verzierungen. Torten, die man
sich auf einer Feier in Deutschland nicht vorstellen kann. Dazu gibt
es für jeden Gast ein Glas Champagner, es wird angestoßen – und
zwar wirklich jeder mit jedem. Das gehört sich hier so.
Zwischendurch trinken ist aber auch erlaubt. Eine Frau aus der Menge
erhebt die Stimme, sie singt, tanzt, hat vermutlich etwas mehr Wein
getrunken als ich. Alle lachen, singen mit ihr. Es ist eine amüsante
Atmosphäre. Im Verlaufe der nächsten Stunden schwirre ich zwischen
Suzy und Selma, meinem Tisch, dem Pool und der Toilette hin und her.
Mal tanze ich mit Aillen, mal unterhalte ich mich über die deutsche
Fußballnationalmannschaft. „Alemanha é o Champeao do mundo!“.
Diesen Satz höre ich nicht zum ersten Mal, seitdem ich hier in
Mosambik lebe. Gegen 22:30 Uhr verabschieden wir uns von Kelvin und
seiner Familie. Ob ich Pläne für morgen hätte, fragt mich seine
Mutter und ich verneine. Gledice ist anderer Meinung und antwortet:
„Natürlich. Sie kommt mit in die Kirche. Morgen gehen wir alle in
die Kirche.“ Auf dem Heimweg frage ich, wann wir am nächsten Tag
aufstehen müssen. 7:00 Uhr. Das sind … noch 6 Stunden Schlaf.
Maximal. Na gut, irgendwann wolltest du sowieso mal mit Gledice in
die Kirche gehen. Ich schlafe gegen 1:00 Uhr ein, mir bleiben 5
Stunden. Gegen 6:15 Uhr klopft Nercio energisch an meine Zimmertür,
ich krieche aus meinem Bett, stelle mich unter die kalte Dusche und
lasse mich vom eiskalten Wasser wecken. Zum Haare waschen ist auch
jetzt zu wenig Zeit, zumal ich auch keinen Föhn habe und es um die
Uhrzeit eindeutig zu kalt ist, um mit nassen Haaren das Haus zu
verlassen. Das geht schon so. Ich ziehe mich an, habe ich mir doch in
Deutschland vorgenommen, wenn ich das erste Mal in die Kirche gehe,
mein neues Kleid anzuziehen. Ein leichtes Sommerkleid, fast knielang,
nicht sonderlich feierlich. Gledice trägt auch heute wieder ein
Kleid aus Capulana-Stoff, einen Blazer und High Heels. Nercio betritt
in Stoffhose, Hemd und wunderschönen Bastschuhen den Raum. Nein, ich
ziehe mich heute nicht um. Das ist mein Kirchenkleid, ein anderes
habe ich nicht und in Hosen darf ich als Frau hier nicht in die
Kirche. Meinen Blazer ziehe ich mir auf Grund der Kälte dennoch über
und packe meinen Schal in meine Handtasche. Wir fahren eine Weile in
Richtung Stadt, bis wir schließlich vor einem Wohnblock stehen
bleiben, aus dem Kelvin – im gestrigen Outfit – heraus tritt. Oh
nein, noch mehr Confirmacao? Noch mehr „underdressed“? Ich freue
mich, dass dieser Kirchenbesuch kein gewöhnlicher sein wird. Nach
ca. 5 Minuten stehen wir vor der Kirche, die mich mit ihrer Größe
und Helligkeit begeistert. Wir begleiten Kelvin zu seinen Freunden,
schicke Herren, wahnsinnig aufgetakelte Mädchen in Glitzerkleider
aber auch Jungs in Jeans und Poloshirt und Mädchen in
Capulana-Röcken. Wir nehmen in der 5. Reihe Platz und es beginnt ein
zweieinhalbstündiger Gottesdienst. Am Eingang kaufte mir Gledice ein
Gesangsheft für die Feier, welches ich innerhalb der Zeremonie
benötigen werde. Recht hat sie, denn beinahe alle 2 Minuten wird ein
anderes Lied, entweder auf Portugiesisch oder Changana, gesungen.
Nein, nicht et wa von einem Chor. Der Chor ist das Publikum. ALLE ca.
300 Gäste in der Kirche sowie die 60 Konfirmanden/dinnen singen
gemeinsam, einstimmig, zweistimmig, was-weiß-ich-wie-viel-stimmig.
Ich fühle mich wohl, ungewohnt wohl, wenn man bedenkt, dass ich in
keiner Weise religiös groß geworden bin. Ab und an tanzen ältere
Frauen durch die Reihen, auch kleinere Mädchen. Dahinter immer
einige der Konfirmanden/innen, zu einem der letzten Lieder tanzen
alle Jugendlichen. Auch Kelvin, der sich sichtlich unwohl, aber
dennoch mit Gott verbunden fühlt. Während der Zeremonie bereue ich
es öfter, meine Haare nicht doch gewaschen zu haben. Alle Anwesenden
haben sich zurecht gemacht, die schönsten Kleider angezogen. Egal,
nach der Zeremonie geht es nach Hause. Auch Aillen neben mir ist
zappelig und schläft im nächsten Moment neben mir ein. Wie gern
wäre ich in diesem Moment wieder ein Kind, was ohne Bedenken auf der
Kirchenbank schlafen kann. Auch ich bin mittlerweile wieder
wahnsinnig müde. Nach der Zeremonie darf ich noch ein paar Fotos von
der Kirche machen, bis Nercio uns mit dem Auto empfängt. Wir bringen
Kelvin nach Hause, steigen auch aus. Da habe ich wohl noch etwas
verpasst. Wir gelangen in die Wohnung seiner Eltern, die uns zum
Frühstück einladen. Es gibt Salat, Fleisch, Pommes, Brot, Chima,
Tee und KAFFEE! Meine Rettung, denke ich. Auflöskaffee. Aussehen tut
er schonmal gut. Dann mal kosten. Das, was ich schmecke, ist
eindeutig noch kein Kaffee, aber auch kein Tee mehr. Mit zwei
gehäuften Löffeln Zucker ist es irgendetwas dazwischen und schmeckt
mir sogar sehr gut. Nach dem Frühstück setzen wir uns auf die
Couch, schauen fern. Die Zeit vergeht, in der ich mir immer weniger
wünsche, meine Haare endlich zu waschen. Die Müdigkeit überfällt
mich, so dass ich einschlafe. Gefühlte Stunden, eigentlich nur 10
Minuten später, werde ich geweckt und zum Mittag gebeten. Ja, die
Zeit verfliegt, denn es ist bereits 14:00 Uhr. Es gibt die Reste vom
Buffet des vorherigen Abends. Dieses Mal versuche ich Fremdes und
merke, wie mir langsam schlecht wird. Ein großer Schluck Sprite
hilft in diesem Moment erfolgreich. Schon nach einer Suppe und einem
halben Teller bin ich voll, trinke noch etwas und teile nach
Nachfrage mit, dass ich satt bin. Die Mutter von Kelvin schaut mich
entgeistert an. Ich erkläre ihr, dass ich in Deutschland maximal
eine Mahlzeit am Tag warm esse, manchmal auch das Mittag ganz
auslasse. Kopfschüttelnd nimmt sie es hin, versichert mir, dass sich
das ändern wird, wenn ich nächstes Jahr nach Hause komme. Wir
werden ja sehen, denke ich, und flüchte auf Toilette. So ganz weg
ist meine Übelkeit noch nicht. Gegen 16:00 Uhr machen wir uns auf
den Heimweg, bekommen jeweils ¼ jedes Kuchens vom Vorabend als
Geschenk mit. Ich freue mich auf mein Bett, weiß aber eigentlich von
meinen Gasteltern, dass heute noch ein Geburtstag ansteht. Im Auto
wird mir die erlösende Frage gestellt. „Willst du zu Hause bleiben
oder noch mitkommen“ - „Ich möchte bleiben, schlafen. Nur
schlafen“ antworte ich bereits im Halbschlaf. Gledice guckt mich
neidisch an. Auch sie würde mit Sicherheit gern ins Bett. Und jetzt
liege ich hier, möchte euch erst von diesem verrückten Wochenende
berichten und hoffe, ihr könnt meine Perplexität aus diesem Bericht
rauslesen. Manchmal ergeben sich Situationen, die man nicht erahnen
konnte und schon ist man in Mitten der wichtigsten Zeremonie im Leben
eines Jungen Katholiken. Eine schöne Erfahrung, die ich nicht missen
möchte. Sie ist jetzt Teil meines Lebens hier und hat mich glücklich
gemacht. Danke, Gledice und Nercio. Ihr seid Familie, hier bin ich zu
Hause.
Eure Anni :)
Kelvin und meine Schwester Aillen |
Anni und Aillen - Schwestern fürs Leben! |
Eine
stille Anmerkung
Als ich am besagten Samstag am Abend am Tisch saß und mich durch die
aktuellsten Neuigkeiten auf Facebook las, stieß ich auf eine
Erschreckende, Traurige, der ich hier in diesem Eintrag ein paar
Zeilen widmen möchte:
Paul, ich hatte nie persönlich mit dir
zu tun, aber dennoch berührt mich dein Tod hier in Mosambik so sehr.
Als ich heute morgen in der Kirche auf der Kirchenbank hockte und der
Musik lauschte, kam mir dein plötzlicher Abschied in den Kopf. Ich
habe deine Musik immer gern gehört, mochte die Worte, die du dafür
gewählt hast. Ich habe mir so gern eure Berichte aus Neuseeland
durchgelesen. Und manchmal geht es so schnell. So schnell, dass mir
an diesem Wochenende bewusst geworden ist, wie kostbar das Leben ist.
Wie kostbar alles ist, was ich hier erlebe, egal ob positiv oder
negativ. Dass jeder einzelne wahre Freund kostbar ist, ebenso wie die
Familie. Alle, die diesen Zeilen hier unten noch lesen, sollten sich genau das jeden Tag vor Augen halten. Das Leben kann so schnell vorbei sein.
Ich kannte dich kaum, und mache mir so meine Gedanken. Ich möchte
auf diesem Wege allen Angehörigen und wahren Freunden viel Kraft für
die kommende Zeit geben und mein Beileid aussprechen.
Ich habe dir heute im tiefsten Innern meinen Besuch in der Kirche
geschenkt, auch wenn ich nie religiös war und wir nie Freunde waren.
Ich trage hier immer Schmuck mit Elefanten und habe eine kleine
Tradition entstehen lassen: Mindestens einmal am Tag einen Elefanten
küssen. Und das tue ich, auch heute. Ich gebe dir die folgenden
Worte meines Papas mit auf den Weg:
„Mögen dich alle Elefanten beschützen.“
Wo auch immer du jetzt bist – Ruhe in Frieden.