Vielleicht
kannst du mal deine Sommersprossen
zu
'nem Pfeil verbinden,
und
wenn du dem dann folgst,
dann
wirst du dich schon finden.
[Julia
Engelmann – Eckige Kugelfische]
Hallo ihr Lieben,
Es
ist mal wieder Zeit zum Schreiben, zumindest finden das einige von
euch. Ich allerdings fühle mich gar nicht in der Lage, so einen
ausführlichen und schönen Beitrag zu schreiben, wie es die letzten
vielleicht waren. Aber nun gut, ich schreibe ihn jetzt trotzdem mit
dem Wissen, dass ihr euch eh über jedes Wort von mir freut ( Hahaha
:P ).
Wie
der Titel dieses Beitrags schon verrät, ist es seit gestern vorbei
mit dem Allein-Sein. Meine Familie ist am Abend wieder in Maputo
gelandet und kam hier mit so viel Gepäck an, dass ich nur dachte:
„Wollt ihr das ganze Haus neu ausstatten?“. Wie dem auch sei hat
sich besonders Gledice so sehr gefreut mich wiederzusehen, dass sie
mich öfter sehr stark umarmen musste/wollte. Wir haben alle richtig
herzlich und viel gelacht, als ihnen aufgefallen ist, dass ich noch
lebe, ich nicht verhungert bin und das Haus noch steht – Ja, Anni
hat alles auf die Reihe bekommen so ganz allein. Dann wurde erst ein
mal ein bisschen erzählt, wie die letzten Tage bzw. Wochen waren und
ich habe nur ein Wenig über ihren Urlaub fragen können. Dazu war
die Zeit dann doch etwas knapp. So ganz nebenbei hatte nämlich noch
mein Gastvater Nercio Geburtstag. Er ist gerade einmal 34 Jahre jung
geworden. Aus diesem Grund war ich ab 7 Uhr morgens nach einer
durchfeierten Nacht (ich habe mir gegen halb 4 ein Taxi aus der Stadt
genommen) „hellwach“ und fing an, einen Apfelstreusselkuchen à
la Mama zu backen. Das dauerte dann aufgrund meiner Müdigkeit länger
als gedacht, und so schaffte ich es leider nicht mehr, noch ein
kleines anderes Geschenk für Nercio zu kaufen. Ich war dennoch in
der Stadt, um mich mit Marie, Yohanna und Sandra bei einem Freund zu
treffen, bei dem die beiden zuletzt genannten eventuell wohnen
könnten. Sie sind nicht glücklich mit ihrer derzeitigen
Wohnsituation, aber dazu könnt ihr eventuell mehr auf ihren eigenen
Blogs lesen (siehe linker Rand). Danach fuhr ich also nach Haus, mit
dem Wissen, meine Familie würde gegen 5:45 pm in Maputo landen. Bis
20:30 Uhr durfte ich dann warten – anscheinend sind sie um die
angegeben Uhrzeit erst in Nampula losgeflogen. So wurde aus einem
eigentlich stressigen Tag ein recht entspannter und am Abend sogar
ein etwas emotionaler: Als wir uns gegen 22:00 Uhr endlich an den
Tisch saßen, durfte Nercio nicht sofort den Kuchen anschneiden. Erst
musste eigentlich ich etwas zur Feier des Tages sagen, wusste
allerdings nicht was, und ließ Gledice beginnen. Sie dankte ihrem
Mann für das Glück, ihn zu haben, für ihr gemeinsames Kind, für
die schönen vergangenen letzten Tage in Nampula und Umland. Sie
wünschte ihm Gesundheit, ein langes Leben, Glück, Liebe und
nochmals – ein langes Leben. Danach war es Nercio, der sprach. Erst
auf Englisch, dann auf Portugiesisch. Er bedankte sich bei Gott, dass
er ein Jahr älter geworden ist, machte mir deutlich, wie besonders
allein das nur schon für ihn ist. Er bedankte sich bei mir für die
Überraschung, dankte seiner Frau für die selben Sachen, die sie
bereits gesagt hatte. Er bedauerte, dass er nur den Abend seines
Geburtstags richtig zum „feiern“ hatte, da er sonst alle seine
Freunde und die ganze Familie eingeladen hätte. Generell war er
etwas bedrückt, so emotional, wie ich ihn noch nie gesehen habe.
Danach bedankte ich mich für die lieben Worte, habe ihm alles Gute,
Gesundheit,... gewünscht und habe ihm auch von meinen Eltern
gratuliert, die sehr glücklich sind, dass ich in einer solch tollen
Familie leben darf. Auch von mir durften sie sich noch einmal
anhören, wie glücklich ich bin, bei ihnen zu wohnen, worauf sie mit
den selben Worten antworteten. Gledice benutzte dabei sogar das Wort
„filha“ (Tochter). Auch wenn das nur ein ganz kleiner Augenblick
war, war es dennoch der für mich schönste der letzten 18 Tage. Ich
habe mich schon den ganzen Tag irgendwie darauf gefreut, dass sie
bald wieder da sein würden und ich habe das selbe Gefühl zurück
bekommen. Ich bin hier angekommen, definitiv. Das habe ich durch
diesen Abend so sehr gespürt.
Zum
Rest meiner letzten 18 Tage „allein“ in Maputo: Meine Gedanken
habe ich euch ja bereits im letzten Eintrag versucht zu übermitteln,
doch nachdem ich diesen verfasst hatte, änderte sich doch so einiges
– zumindest in meinem Kopf. Auch wenn ich immernoch nicht
angefangen habe zu tanzen so bin ich endlich mal dazu gekommen,
rauszugehen. Ich hatte mir vorgenommen, jeden Tag nach der Arbeit in
die Stadt zu fahren, egal ob ich wirklich was erledigen musste oder
nicht. Ich war mit Anna bei DHL, um zu checken, ob unsere Pakete bzw.
Briefe schon da sind, habe mich mit einem Freund zum Eis essen
getroffen (Oh mein Gott, eindeutig das beste Eis bisher!), war auf
dem Kunstmarkt Feirra und habe mir dort einen Rucksack aus Capulana
gekauft, war einkaufen und habe am Ende des Tages gekocht, laut Musik
gehört oder einfach vor dem Fernseher entspannt. Es tat gut, seinen
Tag allein planen zu können, ohne von anderen so richtig abhängig
zu sein.
In
den letzten Tagen wurden Anna und ich auch wieder zunehmend
unglücklicher was unsere Arbeit im Projekt angeht. Wir waren einen
Tag bei Hbonny im Büro und schilderten ihm die Notwendigkeit von
einem Projektwechsel, doch am Freitag hatte er dann keine so guten
Nachrichten: Nur einer von uns wird das Projekt in zwei Wochen
wechseln – und das ist Anna. Sie wird dann zusammen mit Inga bei
KOFUNANA arbeiten und ich bleibe allein bei REMAR. Hbonny möchte auf
mein Dringen bei dem Pastor nachfragen, ob ich eventuell im Jungshaus
arbeiten könnte, wo bereits ein anderer deutscher Freiwilliger seit
Januar ist. Ich glaube, so schwer es mir auch fallen wird, die Kinder
in Liberdade zurück zu lassen, wäre das für mich doch die bessere
Lösung. Und wenn ich sage für mich, dann meine ich für mein
psychisches Ich. Ich denke bzw. hoffe, dass dieses Thema aber noch
nicht abgehakt ist. Ich weiß nicht, ob ich das das ganze Jahr über
so leicht durchstehe oder ob ich mich doch wieder irgendwann
verkriechen könnte. Aber wie heißt es hier so schön: „Take your
Time!“ Mehr dazu vielleicht später …
Am
letzten Wochenende waren wir am Samstag wieder in Macaneta, um
Alexandra, die neue Freiwillige aus Österreich (fliegt Ende des
Monats leider schon wieder), unser kleines Paradies zu zeigen. Leider
kamen wir nicht an einen ganz so traumhaften Strand, da es
anscheinend davon abhängig ist, von wem man am Fluss mitgenommen
wird, wo man zum Schluss dann landet. Dennoch hatten wir mal wieder
einen wunderschönen Tag dort! Am Sonntag habe ich nur Wäsche
gewaschen, etwas mit Duma (Der „Hausmann“ – Ja, ich kenne jetzt
seinen Namen!) gequatscht und gekocht und generell viel Kraft für
die neue Woche arbeiten getankt.
Wie
ihr seht, ist in den letzten Wochen generell nicht viel passiert, nur
dass ich leider von keinem positiven Verlauf, was die Arbeit im
Projekt angeht, berichten kann.
Ich
versuche euch, durch ein paar ausgewählte Bilder einen kleinen
Abriss der letzten Wochen zu geben. Vor allem kann und darf ich aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Bilder vom Projekt bzw. den Kindern zeigen (Naja, halbe Kinder und hässliche Ecken im Projekt zählen jetzt mal nicht!). Wer mehr bzw. alle Bilder meines
Abenteuers hier sehen möchte, muss aufgrund der schlechten
Internetsituation wohl auf nächstes Jahr Juli warten.
Oh,
noch etwas: Ich habe mein Rückflugtermin, jedoch möchte ich ihn
noch nicht verraten, da ich selber gerade damit klar kommen muss,
dass es echt noch so wahnsinnig lang hin ist. Was ich aber sagen
kann, ist, dass es noch mehr als 300 Tage sind, bis ich euch ALLE
wieder richtig in die Arme schließen kann. Sobald eine 2 ganz vorn
steht, schmeißen Anna und ich eine Party, haben wir uns vorgenommen!
Wir sind zur Zeit in einer wie ich finde ähnlichen Situation, allein
durch die Sachen im Projekt und ich bin sehr glücklich, sie bis
jetzt noch jeden Tag sehen und mit ihr reden zu können. Was wird das
nur ohne Anna? :P
Das
soll es für heute gewesen sein. Entschuldigt das Chaos, bin bei
meinen Erzählungen nicht wirklich chronologisch vorgegangen. Ihr
müsst mir das aber bitte verzeihen …
Eure
Anni :)
PS
(1): Eine positivere Zahl ist die folgende: 93! In genau 93 Tagen
hole ich meine Eltern vom Flughafen ab und wir verbringen zwei
wunderschöne Wochen hier in Maputo und Umland. Und um euch einen
kleinen Schreck einzujagen: In 94 Tagen ist Weihnachten :D
PS
(2): Fast vergessen: DANKE FÜR UNGLAUBLICHE 10.000 SEITENAUFRUFE! Ihr
seid verrückt, wirklich! Ich habe mich so sehr darüber gefreut!
[Bilder kommen morgen, das Internet reicht heute leider nicht mehr aus.]
[Bilder kommen morgen, das Internet reicht heute leider nicht mehr aus.]
Einfach ein schönes Motiv, am Strand von Macaneta :) |
Das war dieses mal unser Strand im Paradies. Wie gesagt, für uns nicht ganz so perfekt, wie beim ersten Mal. Für viele von euch wäre aber allein das schon unglaublich paradiesisch gewesen! |
Sehr vertrauenserweckende Schilder Am EIngang zum Strand :D |
Eine ,,Schöne" Ecke im Projekt ... |
Ja, an diesem Tag haben wir uns über WENIGE Fliegen gefreut. Immerhin saßen sie alle auf den Mülltüten :D |
Und JA - es gab NUDELN für unsere Kids! Das war natürlich etwas ganz besonderes für die Kleinen und Großen :) |
Liebe Anni,
AntwortenLöschen... genau, wir freuen uns über jedes Wort von dir.
Ich bin sehr, sehr glücklich, dass du jetzt scheinbar für dich in Mosambik, vor allem in deiner Gastfamilie, angekommen bist, dass auch Gledice und Nercio dich als ihre Filha „angenommen“ haben und sich wirklich so herzlich freuten, dich wieder in die Arme schließen zu können!
Ich finde, du kannst schon sehr stolz darauf sein, wie du die zwei Wochen gemeistert hast. Kochen, Wäsche waschen, saubermachen, die Projektarbeit, die Gefühle ordnen, immer neue Eindrücke, neue Freunde,…. HOCHACHTUNG!!!
Schön finde ich auch die Geste, dass jeder zur Feier des Tages (hier Nercios Geburtstag) etwas sagt. So denkt jeder über seine Lieben nach, überlegt, was einem wichtig ist,… und nutzt die Möglichkeit sich zu bedanken.
Was deine Projektarbeit angeht, mache ich mir, wie schon gesagt, ein klein wenig Sorgen um dich. Doch ich finde gut, dass ihr es anpackt,… nach einer machbaren Lösung sucht. Bleib’ dran. Wenn du mehr erzählen willst, ich habe immer 2 große offene Ohren ;-).
Für die kommenden Wochen und bis zum nächsten Blogeintrag wünsche ich dir viel Kraft, Spaß, Freude, schöne Erlebnisse und „Take Your Time“ – aber auch: „Carpe diem“!
Ganz liebe Grüße, eine feste Umarmung und einen dicken Gute-Nacht-Kuss von deiner Mama.
Liebe Anni, es ist ein wahnsinniges Gefühl, in Sibirien deinen Bericht zu lesen, deine Fotos und vor allem dein glückliches Lächeln im Gesicht zu sehen! Ich hab es übrigens nicht geschafft, all deine Sommersprossen zu einem Pfeil zu verbinden ... Jede Reise bringt neue Erfahrungen, Erkenntnisse und Erlebnisse, und es ist zu spüren, daß dein Entschluss, ein Jahr lang ausgetretene Pfade zu verlassen und dich auf unbekannte Wege zu begeben, einfach nur richtig war und dein Leben vielfältig bereichern wird. Deine Berichte zeichnen ein umfassendes Bild von deinem Alltag, beschönigen nichts, lassen uns intensiv teilhaben an deinen Eindrücken, treiben uns die ein und andere Träne der Rührung und Freude in die Augen. Morgen werde ich wieder zurückfliegen, dann geht auch meine Reise zu Ende - und wir können uns wieder über WhatsApp intensiver unterhalten. Von Shenja, Linda, Raimund und Christoph soll ich schöne Grüße ausrichten, sie bewundern dich sehr - und sind auch etwas neidisch angesichts der traumhaften Strandfotos! Und freue dich - in drei Monaten feiern wir Weihnachten zusammen! Ich drück dich - ein lieber Kuss nach Machava von deinem Papa
AntwortenLöschenLiebe Anni, nach einigen technischen Schwierigkeiten kann ich nun doch noch einen Kommentar schreiben, deiner Mama sei Dank. Mit Bericht vom 21.09.2014 haben wir wieder eine Menge Neues erfahren, danke dafür. Da kannst du mal sehen, wie beliebt und anerkannt du in deiner Gastfamilie bist. Das scheint nicht allen deinen Mitstreitern so zu gehen. Aber das liegt natürlich auch zu einem großen Teil an dir und deiner herzerfrischenden Art. Bewahre dir diese Art und lass dich nicht verbiegen. Ich glaube, so kommst du ganz weit. Zur Zeit ist der Neid auf deine Strandfotos etwas kleiner geworden, da zu uns der Spätsommer zurückgekehrt ist. Allerdings sind bei uns die Leute nicht mehr ganz so braungebrannt wie die, die ich teilweise um dich herum sehe. Auch wenn dein Projekt zur Zeit nicht so sehr deinen Wünschen entspricht, wird es dir trotzdem die vielfältigsten Erfahrungen bringen. Das merkst du wahrscheinlich aber erst viel später. Gewinne deshalb allem immer etwas Positives ab, auch wenn es manchmal echt besch.... ist. Du weißt doch: Nach jedem Regen scheint auch wieder die Sonne. Und von dieser habt ihr ja nun wirklich genug. In diesem Sinne für heute alles Liebe von Kati
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