schon melde ich mich zurück, aber nur ganz kurz. Für meine weltwärts-Förderung muss ich nach 3, 6 und 12 Monaten einen Bericht verfassen, um am Ende des Jahres mein Zertifikat erhalten zu können. Ich möchte euch den ersten dieser Berichte, trotz einiger schon bekannter Gefühle und Erlebnisse, dennoch nicht vorenthalten - auch, wenn er einen Monat zu spät kommt. Viel Spaß beim lesen!
Schon sind mehr als drei
Monate vorbei und ich soll ein erstes Resumé ziehen. Meine
Erwartungen, die ich in der Zeit VOR Mosambik hatte, kann ich
eigentlich kaum noch beschreiben. Vielleicht wollte ich vor allem in
einem sozialen Projekt mit Kindern helfen und ihnen meine
Unterstützung anbieten. Ich wollte ein neues Land, deren Kultur und
Menschen kennenlernen, wollte in einer Gastfamilie leben und mit
ihnen den mosambikanischen Alltag erleben. Wie schon im
Vorbereitungsseminar erwähnt wurde, musste mir allerdings erst
einmal geholfen werden – ich musste mich an Maputo, die Menschen,
eine neue Sprache und so viele Kleinigkeiten gewöhnen. Heute, nach 3
½ Monaten kann ich sagen: Ich bin angekommen, spreche erstaunlich
gut portugiesisch und mache bereits Unterschiede, an welchen Orten in
Mosambik es mir besser gefällt und wo nicht. Ein ganz normales
Leben, wie ich es auch in Deutschland führe, ist es trotz all dem
noch nicht wirklich, da vor allem das Freunde finden bisher eine
Hürde darstellte. Mit jedem Tag hier in Mosambik merke ich aber,
dass es nur eine Frage der Zeit, der Überwindung und der eigenen
Einstellung ist. Dennoch braucht es seine Zeit, sich in einem Land
wie Mosambik und meiner Meinung nach vor allem in Maputo
wohlzufühlen. Eine Stadt, die einen immer überrumpelt, die nicht
schläft, und von der man gern mal Urlaub machen möchte – und
dafür ist Mosambik perfekt! Die Eingewöhnungszeit in Mosambik ist
mir schwer gefallen, war stark geprägt von Heimweh und auch das
Vorbereitungsseminar hat mich auf mein Leben speziell hier in
Mosambik nicht so gut vorbereitet. Es ist anders – komplett anders
von all dem, was ich bisher kennen gelernt habe. Das Leben hier hält
einen auf Trapp und ist anfangs eine Herausforderung. Man muss sich
selbst jeden Tag erneut dazu aufraffen, Mosambik kennen und lieben
lernen zu wollen, aber es lohnt sich.
Mein Projekt heißt
REMAR, es wird von einem portugiesischen Pastorenpaar geleitet und
hat mehrere Zentren in Maputo und Umkreis. In meinem Projekt werden
(Aids-)Waisen, ehemalige Drogenabhängige und Mütter mit Babys
betreut. In meinem Haus in Liberdade wohnen Mädchen und Müttern
jeden Alters sowie Jungs im Alter von ein bis zehn Jahren. Ich
arbeite mit allen Kindern zusammen, kümmere mich um die alltäglichen
Angelegenheiten und, wenn Zeit und Lust da ist, basteln, malen,
kochen, spielen und machen weitere Sachen, die einem halt einfallen.
Mein Arbeitstag beginnt gegen 8:00 Uhr mit einer herzlichen
Gruppenumarmung von allen anwesenden Kindern, die mir jeden Morgen
das Aufstehen leichter macht. Bis 10:00 Uhr ist dann Spiel- und
Kuschelzeit, manche der Babys müssen noch angezogen werden und die
letzten frühstücken. Zwischen 10:00 und 11:00 Uhr gibt es Lunch,
einen kleinen Zwischensnack. Danach ist bis zum Mittag (zwischen
12:00 und 13:30 Uhr) wieder Spielzeit, die manchmal aufgrund von
Hitze durch vorgezogenen Mittagsschlaf gefüllt wird. Manchmal kommen
die älteren Schulmädchen auch zu mir und fragen nach Hilfe bei
ihren Hausaufgaben. Beim Essen helfe ich vor allem den Kleineren, den
Löffel in den Mund zu bekommen. Manchmal helfe ich zuvor noch bei
der Vorbereitung zum Mittag. Nach dem Essen heißt es Waschen und vor
allem die Babys ins Bett legen. Manchmal setze ich mich auch zu den
größeren Jugendlichen und wir reden noch etwas über ihre
alltäglichen Probleme – diese Zeit genieße ich immer besonders!
Zwischen 15:00 und 16:00 Uhr beende ich meinen Arbeitstag bei REMAR,
da die meisten Kinder ab dann 2 – 3 Stunden schlafen.
In meinem Projekt wurde
ich anfangs gut aufgenommen, allerdings schlecht „eingearbeitet“
(hier werde ich etwas ausführlicher, als geplant und auch gewünscht,
aber ich denke, es ist wichtig, um meine Meinung gegenüber meinem
Projekt verstehen zu können): Ich hatte noch nie feste Arbeitszeiten
beziehungsweise einen gut abgesteckten Aufgabenbereich. Ich kümmere
mich halt um das, was anfällt. Ich schaue den Jungs beim Turm bauen
zu, bastle mit ihnen Flugzeuge, rede mit den Mädchen über ganz
normale „Mädchenprobleme“ und tausche mich mit der weiteren dort
arbeitenden Tia über den Tag aus. Gerade Letzteres war lange ein
Thema, da neben mir nur eine weitere Verantwortliche im Projekt ist
und es auch immer eine dieser Tias gab, mit denen ich mich wirklich
nicht gut verstanden habe. Auch die Kinder mussten lange unter ihrer
strengen Erziehung und vor allem unter ihren Schlägen leiden. Die
ersten 2 ½ Monate habe ich es mehr oder weniger hingenommen und
versucht, damit klarzukommen. Die Wochen danach wurde ich krank,
gesundheitlich aber auch psychisch, denn der Druck, den diese eine
Tia im Alltag ausübt, übertrug sich auf mich und mein Wohlbefinden.
Ich war kurz davor, mein Projekt zu wechseln, entschied mich aber,
ein letztes Mal dazu, die Initiative zu ergreifen und das Problem
offen im Projekt anzusprechen – dieses Mal mit Erfolg. Der Tia
wurde gekündigt, die Kinder fangen an, offener zu werden und
schätzen meine Anwesenheit von Tag zu Tag mehr. Durch meine
Ehrlichkeit habe ich meinen Aufenthalt sowie auch das Leben der
Kinder im Projekt verbessert. Die Arbeit entwickelt sich jeden Tag
besser und ich habe die Kleinen schon jetzt tief in mein Herz
geschlossen! Natürlich habe ich mir anfangs Ziele gesetzt, die bis
jetzt aufgrund von vielen Problemen aufgehalten wurden. In nächster
Zukunft werde ich Kleinigkeiten angehen, denn die letzten 3 Monate
haben mir gezeigt, dass nicht alles von heute auf morgen möglich
ist. Ich möchte meine Aufgaben noch genauer erkennen und vor allem
den Kindern besser bei den Schulaufgaben helfen können. Letzteres
gelingt bisher aufgrund von Sprachproblemen noch nicht immer so gut.
Ich weiß, dass mir die Kinder dankbar sind, mich immer mehr
akzeptieren und auch schätzen und ich mich somit ab jetzt jeden Tag
auf meinen Arbeitstag freuen kann.
Vor meinem
Freiwilligendienst hatte ich kaum Vorstellungen zu Mosambik oder auch
Maputo. Wie bereits aber schon erwähnt, kann man sich meiner Meinung
nach auf das Leben hier nicht vorbereiten. Der Alltag und die Kultur
trifft einen hier mit einer geballten Ladung an Schock und ohne
jegliche Rücksicht. Man muss bereit sein, diese Kultur auf sich
zukommen zu lassen, sie aufzusaugen und anfangen, seinen Platz in
Mosambik zu finden. Und wenn es nicht unbedingt die quirlige
Hauptstadt ist, so ist es mit Sicherheit einer der tausenden
Traumstrände Mosambiks, an denen man sein Herz lässt. Man muss sich
im Projekt und auch in der Gastfamilien engagieren, integrieren und
sein Leben hier selbst in die Hand nehmen – das wird einem hier in
Mosambik definitiv nicht abgenommen. Ich habe Mosambik Anfangs nicht
so sehr genießen können, wie ich es erwartet habe, ich habe mich
hier nicht wohl gefühlt und wusste auch lange nicht, woran das
liegen könnte. Die letzten zwei Wochen in meinem Projekt sowie
einige Urlaubstripps zeigen mir allerdings, dass sich mein Leben hier
mittlerweile um 180° gedreht hat. Mosambik saugt mich auf, zeigt mir
mit der Zeit mehr schönere Seiten und lässt mich zur Zeit nicht
mehr los. Ich verliere mein Herz an schönen Stränden oder an
schönen Tagen im Projekt, wenn die Babys einen unschuldig anlächeln,
obwohl sie sich gerade in die Hose gemacht haben. Mein Leben hier hat
mich, meine Werte und meine Vorstellungen verändert, es hat mich
gegriffen, in eine Achterbahn gesteckt und mich völlig durchwuselt
wieder heraus gezogen – und das kann ich schon nach 3 ½ Monaten
behaupten. Mein Leben hier ist nicht nur wie eine bunte Kirmes
sonder, wie schon Forrest Gump zu sagen pflegte, eine riesige
Pralinenschachtel, die ich erst ganz schnell gelehrt habe und nun
wieder fülle. Ich fülle sie mit vielen Erlebnissen, Eindrücken,
strahlenden Kinderaugen und eben mit all dem, was mein Jahr hier
bereichern wird.
„Die
gefährlichste aller Weltanschauungen
ist
die Weltanschauung der Leute,
welche
die Welt nicht angeschaut haben.“
Alexander
von Humboldt (1769-1859)
... hat deinen Bericht aufgesaugt und ist unendlich stolz auf Dich!
AntwortenLöschen.... ich kann mich Papas Meinung nur anschließen ;-) und freue mich schon wahnsinnig darauf, die kleinen Racker, deine Gastfamilie, deine neuen Freunde und Mosambik ein kleines Stück weit kennenzulernen .... und natürlich unsere erwachsene Tochter endlich wieder in die Arme zu schließen!!!
AntwortenLöschenNur noch 2 Wochen!
deine Mama (hdgdl)
Liebe Anni, es freut mich zu lesen, dass es dir immer besser in der Ferne gefällt. Dazu tragen sicher die verschiedensten Dinge bei, aber ganz sicher sind deine voranschreitenden Sprachkenntnisse von großer Bedeutung. Dazu kommen dann noch dein Mut, Engagement, Kontaktfreudigkeit und deine Freundlichkeit. Das alles zusammen scheint eine recht gute Mischung zu sein, um das Leben jetzt so führen zu können und auch ab und zu mal genießen zu können. Hinzu kommt sicherlich auch die Vorfreude auf den Besuch deiner Eltern. In dieser Erwartung geht einem doch bestimmt vieles leichter von der Hand. Du kannst ja bald schon die Stunden zählen! Sicherlich hast du dir schon ein spannendes Programm ausgedacht, um diesen Urlaub für deine Eltern zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen. Jedes Mal, wenn ich mit deiner Mama rede, platzt sie bald vor Stolz. Und das ist absolut nachvollziehbar. Was du schon alles erreicht hast - der pure Wahnsinn, egal ob der Oberpastor kommt oder nicht. Irgendwann sieht er die Ergebnisse vor allem deiner tollen Arbeit. Für heute viele liebe Grüße von Kati und Familie
AntwortenLöschenLiebe Anni, ich kann mich so richtig in deine Eltern reinversetzen, ihre Herzen werden mit jedem Tag schneller pochen, der Puls steigt ins Unermessliche. Am Mittwoch werde ich deine Mama vor ihrer großen Reise noch einmal sehen. Hoffentlich bekommt sie alles, was sie mitnehmen will, in die Koffer rein! Ich habe auch noch einmal meine Kollegen gefragt, ob noch jemand Barbies hat - leider ohne Erfolg. Aber ihr werdet den Kids sicherlich auch so ein unvergessliches Fest bereiten. Ich freue mich auch auf ein paar freie Tage, obwohl freie Tage vor Weihnachten auch immer Arbeit bedeuten. Und Sonne genießen ist in unserer derzeit trüben Gegend auch nicht drin. Dann lieber Weihnachten in Mosambik, an herrlichen Stränden, gemeinsam mit den Eltern. Wenn ich mich das nächste Mal melde, sind sie bereits auf dem Weg zu dir.......Deine Kati
AntwortenLöschen