Von August 2014 bis Juli 2015 habe ich in Mosambik gelebt und gearbeitet. Auf diesen Seiten werde ich von einige Eindrücke und Erfahrungen von meinem Freiwilligendienst in Maputo, der Hauptstadt, berichten. Bitte bedenkt, dass lediglich meine persönliche Sicht auf die Dinge hier zu lesen sein wird und dies nicht zu verallgemeinern ist! Es freut mich, dass ihr hier her gefunden habt!

Dienstag, 16. Dezember 2014

Über wilde Tiere, Alexander Flemings Penicillin und weitere alltägliche Abenteuer.

Hallo meine Lieben,

Schon sind wieder 3 Wochen vergangen, seitdem ich mich das letzte Mal gemeldet habe. Und ich kann euch sagen, dass in dieser Zeit eine ganze Menge geschehen ist, was zwar alltäglich, dann aber auch wieder nicht so ganz alltäglich ist. Macht euch also bereit auf einen Beitrag, der mal eine wildere Seite Mosambiks zeigen wird:

Der Dezember fing ganz normal mit der Arbeit im Projekt an – mit den Kindern spielen, etwas für die Weihnachtsfeier vorbereiten, Mangos futtern. Eigentlich sah so im Groben die letzte Zeit im Projekt aus. Am Nikolauswochenende war hier nicht wirklich etwas besonderes los – Danke Marie dennoch für den süßen Herzlolli :) Am Sonntag war ich mit einem Freund unterwegs. Zuerst waren wir in …... (nein, ich schreibe es jetzt nicht, ich schreib es sowieso falsch) auf einem Markt für Werkzeuge, Bau-, Elektronik- und Sanitärmaterialien und was das Handwerkerherz sonst noch so begehrt. Gegen frühen Nachmittag machten wir uns dann endlich auf nach Katembe, die anderen Seite von Maputo sozusagen, wo er ein kleines Häuschen baut (ein Zimmer, Bad). Nachdem wir dort mit dem Elektriker gesprochen hatten, beschlossen wir, noch am Strand essen zu gehen, da wir beide bis dahin nichts wirklich im Magen hatten. Als ich nach dem wirklich unglaublich guten Fisch und Wein doch einmal auf die Uhr sah, stellte ich mit Erschrecken fest, dass es schon 22:00 Uhr war – die Zeit, zu der ich normalerweise zu Hause sein soll. Wir machten uns also recht optimistisch auf zur Fähre, die uns doch dann tatsächlich vor der Nase davon fuhr. Später sollten wir erfahren, dass es die eigentlich letzte sein sollte. Zu unserem Glück warteten aber noch ein paar andere Passagiere und Autos auf eine Fähre und so beschloss der Fahrer eben dieser, doch noch einmal nach Maputo zu fahren – zu unserem Glück! Mittlerweile war es kurz vor 23:00 Uhr und für mich stand bereits fest, dass jetzt wohl kein Chapa mehr nach Patrice geschweige denn in die ungefähre Richtung fahren würde. Nach einem 20 Minütigen Fußmarsch und weiteren 20 Minuten warten, kam dann tatsächlich noch ein großer Bus der mosambikanischen Regierung. Unterschiede zu Chapas: Kosten, egal, wie weit man fährt, nur 7 Meticais. Dafür gibt es in jede Richtung aber auch nur einen einzigen Bus, wodurch vor allem Nachts lange Wartezeiten entstehen können. Zu guter Letzt: Sie sehen aus wie normale Linienbusse in Berlin! Gegen 0:15 Uhr war ich dann endlich zu Hause. Auch, wenn ich nie die letzte Fähre oder den letzten Bus verpassen wollte, so war es dennoch eine lustige Erfahrung. Und ich weiß jetzt, wann und wo eben dieser fährt.
Auch die nächste Woche im Projekt begann wieder recht normal. Eines Tages brachte Tia Sonja, die uns jetzt jeden Montag, Mittwoch und Freitag unterstützt, einen Weihnachtsbaum mit, den ich zuerst mit ihr aufbaute und anschließend mit zwei Mädchen schmücken durfte. Jetzt zieren also schon zwei Weihnachtsbäume meine so unweihnachtlichen Gedanken in meinem Kopf. Schon komisch, dass ich erst nach Mosambik kommen muss, um diese Tradition kennen zu lernen und dennoch glaube ich, werde ich ihr nie so wirklich etwas abgewinnen können.
Zu Hause hat sich in dieser Woche dann doch mal etwas geändert: Nany, die... HALT. Von der habe ich euch ja auch noch nichts erzählt, richtig? Nany gehört in irgendeiner Beziehung zur Familie von Gledice, ist 16 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Quelimane und verbringt jetzt ihre gesamten Ferien (Dezember bis Anfang Februar) hier in Maputo in unserem Haus. Am Dienstag Abend ist dann auch noch die Mama von Gledice, meine Gastoma sozusagen, bei uns eingezogen, was zur Folge hatte, dass ich mir mit Nany nun nicht nur Zimmer sondern auch die Matratze auf dem Boden teilen muss. Gleich in der ersten Nacht war sie der Meinung, neben den Fenstern, die eh immer offen sind, auch den Mückenschutz davor aufzureißen, da sonst zu wenig Luft in dieses kleine, stickige Zimmer komme. Mitten in der Nacht werde ich schreckhaft wach und merke, dass mich irgendwas gestochen, gebissen,.... hat. Mein erster Gedanke am nächsten Morgen: S***** Moskitos! Am Mittwoch sah es auch wirklich noch nach einem harmlosen Mückenstich aus, doch ab Donnerstag sollte sich das ganze zu einem ernsthaften Problem entwickeln (dazu später mehr). Der Donnerstag im Projekt fing zuerst ganz gut an, wurde am Nachmittag aber doch noch mal aufgemischt. Meine Chefin und der Pastor (ihr Mann) schauten vorbei und wollten sich die Fortschritte der Handwerker (nachdem alles gestrichen wurde, kommen jetzt, zum Schutz natürlich, Gitter vor jedes Fenster) anschauen. Dabei kam ich auch nicht um ein Gespräch mit ihr herum, in dem sie mich auch nach meiner Zufriedenheit fragte. Naja, schwere Frage, oder? Also antwortete ich ihr ganz ehrlich, wirklich, GANZ ehrlich. Zu wenige Tias, zu viele Kinder, und doch auch keine richtige Aufgabe für mich, an der ich mich jeden Tag festhalten kann. Ihre Lösung: Demnächst wirst du den 10-12 Jährigen Englisch Unterricht geben. Na mal sehen, wie das so wird... Ich denke, dazu werde ich im Januarabschlussbericht etwas ausführlicher berichten können. Am Donnerstag Abend hatte ich mir nach langem wieder einmal vorgenommen, eine Tanzgruppe zu besuchen! Milhoro, eine Gruppe, die so ziemlich alle traditionell mosambikanischen Tänze im Programm hat, ist eine wahnsinnig gute Gruppe, bei der ich eigentlich am nächsten Montag sofort zu tanzen anfangen wollte. 4 Mal die Woche, jedes Mal 2 Stunden Training – da sollten die Kilos doch wie von selbst purzeln! Danach hieß es dann aber erst einmal wieder etwas ausgehen. Wie immer waren wir in der Associacao, einen entspannten Abend mit unseren Freunden verbringen, doch danach zog es mich schon recht bald ins Bett, da ich am nächsten Tag ja arbeiten musste. Freitag war dann ein ganz normaler Arbeitstag, der nur von den zunehmenden Schmerzen unter meinem linken Arm beeinträchtigt wurde. Am Abend stand dennoch wieder ein bisschen feiern auf dem Plan, weshalb ich mich am frühen Abend mit Freunden in der Garanjinha traf, um ein Bierchen zu trinken. Nachdem der Aufenthalt dort etwas länger wurde und die Associacao schon längst geschlossen hatte, gingen wir direkt zu Feima, wo an diesem Abend eine Party stattfinden sollte. Anfangs war es sehr leer, aber mit der Zeit füllte es sich doch unglaublich gut! Ich habe das erste Mal hier auf einer Party andere Lieder als mosambikanisch-angolanische Musik gehört. Auch, wenn die meisten Charthits eher aus den Jahren 2003 bis 2010 stammten, war es dennoch eine gute Abwechslung. Dennoch kam ich natürlich nicht drum herum, etwas Salsa zu tanzen, was mir an diesem Tag wegen der Schmerzen aber nicht wirklich gelingen wollte. Gegen 5:00 Uhr morgens waren Inga und ich dann endlich in der Stadtwohnung und wollten beide nur noch schlafen. Nach nur 2 Stunden Schlaf bin ich dann wieder aufgewacht, wir haben noch etwas gequatscht und letztendlich habe ich mich gegen 11 so langsam auf den Heimweg gemacht. Ich habe mir jetzt auch endlich diese schönen Leder-Flip-Flops geholt, die es hier fast überall in der Stadt zu kaufen gibt! Zu Hause angekommen wurde mir erst einmal bewusst, wie sehr mein Arm eigentlich weh tat, denn schon in der Nacht davor merkte ich öfters ein Kribbeln, was sich bis in die Finger meiner linken Hand zog – keine angenehme Sache kann ich euch sagen. Ich zeigte es Gledice und auch sie war der Meinung, dass die Rötung und vor allem die Schwellung nichts gutes heißen würden und ich unbedingt zum Arzt gehen sollte. Gut, dann eben Montag zum Arzt. Am Abend kam meine Gastoma nach Hause, Gledice weckte mich aus meinem Samstags-Kater-Schlaf und wollte, dass ich ihrer Mutter den Stich, Biss,... zeige. Sie arbeitete früher als Ärztin und verschrieb mir etwas, womit ich zur Apotheke gehen sollte. Ihrer Meinung nach hatte ich einen Pilz (woher der nun auch kommen sollte). Ich ging also zur Apotheke zwei Straßen weiter, gab den Zettel ab und – konnte meinen Augen kaum glauben, als die Apothekerin mich auf einmal fragte, ob ich denn auch eine Spritze bräuchte. Ich antwortete mit einem zögerlichen Ja, da ich nicht damit rechnete, gleich gespritzt zu werden. Wieder zu Hause angekommen stellte ich fest, dass mir meine Gastoma Penicillin verschrieben hatte, was sie mir keine 10 Minuten später ganz unkonventionell und unkompliziert mit Sagrotan-Desinfektionsspray, was ich zufällig noch zu Hause hatte, in beide Seiten des Hüftspecks drückte. Es tut nur kurz weh, das geht wieder weg. Ja, genau. Die Stiche merke ich noch heute...... Dazu bekam ich noch 5 Tabletten in die Hand gedrückt, bei denen ich denke, dass es sich um Schmerzmittel gehandelt hat. Am Sonntag ging es mir auch nach ungewöhnlich viel Schlaf noch nicht wirklich besser und ich hielt mich den Tag über mit Schmerzmitteln fit. Am Montag war es dann genug, da weder Schwellung noch Schmerzen bis dahin weniger geworden waren. Ich ging also mit Anna ins Krankenhaus, um die Meinung eines anderen Arztes zu hören. Dieser sagte mir dann folgendes: Es ist ein Biss. Von einer Spinne. Bitte was?????? Wie kann das denn passieren? Ach ja, da war ja das Fenster KOMPLETT offen... Jetzt habe ich also eine Spinnenbiss. Toll. Eine Woche, bevor meine Eltern kommen. Neben weiteren Schmerzmitteln verschrieb mir der Arzt auch Antibiothika und eine Creme, die hier in Maputo aber unauffindbar zu sein scheint. Morgen, Mittwoch, muss ich noch einmal ins Krankenhaus und wenn es bis dahin nicht deutlich besser wird, müssen wir das Ding wohl oder übel raus schneiden. Also noch eine Mini-OP bevor meine Eltern herkommen? Klasse, das kann ja noch was werden. Aber erst einmal zurück zum Montag. Nachdem ich also mit Anna am Nachmittag noch etwas durch die Stadt gebummelt bin, ging ich noch einmal zu The Base, um etwas mit Jonas zu quatschen und ihm von meiner Verletzung zu berichten. Hier lernte ich noch zwei Mädchen kennen, die in Maputo gerade Urlaub machten. Ihnen zeigte ich dann noch etwas die Stadt und brachte sie letztendlich wieder zu Hostel, als – es plötzlich so sehr anfing zu regnen, wie ich es hier noch nie erlebt hatte! Wirklich, das ist kein Scherz. Lange haben wir ja auf solch einen Regen gewartet, aber gestern Abend konnte ich ihn nun wirklich nicht gebrauchen! Ich blieb also noch eine Weile, wir tauschten uns viel aus und gegen 21:30 Uhr wollte ich es dann doch mal wagen, den Weg nach Hause anzutreten. Der Regen hatte aber kein erbarmen, und so war ich bereits nach wenigen Schritten von oben bis unten nass. Nass ist eigentlich kein Ausdruck mehr. In Museu angekommen, stand alles, wirklich alles, Wadenhoch unter Wasser und es sah erst so aus, als wäre ich die einzige Verrückte, die sich bei diesem Wetter noch raus trauen würde. Letztendlich stand ich aber mit bestimmt 50 anderen Menschen unter einem kleinen Dach – alle wartend aufs Chapa, was nicht kommen sollte. Nach einer knappen Stunde warten kamen die ersten großen Regierungsbusse, doch meiner mit der Nummer 59 war irgendwie nicht dabei. Gegen 23:00 Uhr kam aber auch er endlich an und brachte mich mehr oder weniger sicher nach Hause. Da ich nicht viel gegessen, dafür aber Antibiothika geschluckt hatte und mir Bus fahren ja eh nicht sooooo gut bekommt, musste ich mich hier dann erst mal übergeben, was für allgemeines Gelächter sorgte. Ja danke, mir geht es gerade mega s******. Meine Sitznachberin war dennoch echt hilfreich und gab mir noch den Tipp, ich solle lieber meine Capulana als Auffangbehälter nutzen, als es auf den Boden fallen zu lassen, da ich sonst noch die Reinigung für den Bus bezahlen muss. Eine Frechheit ist das, wirklich. Aber immerhin weiß ich jetzt, dass Capulana (Kotz)dicht sind. Entschuldigt bitte meine Ausdrucksweise. Gegen Mitternacht war ich dann endlich zu Hause, wurde besorgt von der ganzen Familie entgegen genommen, wusch meine Sachen, ging duschen und fiel danach nur noch ins Bett. „Morgen gehe ich ganz bestimmt nicht arbeiten“ war mein letzter Gedanke, bevor mir die Augen zufielen.
Ja, und genau so kommt es, dass ich nun Zeit habe, euch diesen endlich mal wieder längeren Bericht zu schreiben. Auch, wenn diese Woche noch nicht ganz vorbei ist, habe ich jetzt schon die Nase irgendwie voll. Ich freue mich so sehr, meine Eltern in einer Woche vom Flughafen abholen zu können und möchte eigentlich nicht mehr auf diesen Moment warten. Doch bis dahin muss ich erst einmal gesund werden. Ich denke, ich werde am Wochenende diesen Beitrag, vor allem was meine Gesundheit angeht, auf den neusten Stand bringen, doch bis hier hin soll es das erst einmal gewesen sein.


Bis dahin verbleibe ich mit den liebsten Grüßen und wünsche euch heute vor allem GESUNDHEIT!
Eure Anni :)

UPDATE: Krankenhausmarathon bis zum letzten Tag und - FOTOS!

Hallo ihr Lieben,

hier melde ich mich also noch einmal zurück, um euch auf den neusten Stand zu bringen. Wie berichtet war ich am Montag im Krankenhaus und bekam meine tolle Diagnose Spinnenbiss. Bis Mittwoch war trotz der Schmerzmittel und Antibiotika keine wirkliche Heilung in Sicht, außer, dass die Rötung etwas zurück gegangen war. Ich hatte mich schon auf so einiges gefasst gemacht, aber dass ich, nachdem der Doktor auf dem Stich wie auf einem Pickel herumgedrückt hatte und meinte:"Das sieht doch ganz gut aus, da löst sich was.", 10 Minuten später in der Notaufnahme liegen und aufgeschnitten werden sollte, damit habe ich wohl wirklich nicht gerechnet. Aber ja, so kam es nun leider und ich brauchte nach 3 Betäubungsspritzen dennoch Ingas helfende Hand, um die Schmerzen und dieses ekelhafte Etwas da ertragen konnte. Nachdem das erledigt war, wurde mir verkündet, ich dürfe jetzt jeden Tag wieder kommen, um die Wunde zu reinigen und noch den letzten Eiter inklusive Gift rauszudrücken. So kam es dazu, dass ich bis heute jeden Tag in die Klinik zum Reinigen gefahren bin. Die Wunde verheilte ganz wunderbar: keine weitere Entzündung, wovor ich am meisten Angst hatte. Doch wer meine Haut kennt, weiß, dass das noch nicht alles gewesen sein kann. So stellte sich heraus, dass ich auf die beiden Pflasterarten, die sie in der Klinik benutzen, allergisch reagiere, wodurch sich eine Art Pilz rundherum um die Wunde bildete - kein Wunder, wenn die Wunde unterhalb der Achsel liegt und hier tagtäglich 35°C herrschen. Man schwitzt nun mal wie sonst etwas und Pilze lieben es anscheinend warm ;) Nun gut, heute war ich allerdings laut den Ärzten das letzte Mal in der Klinik und wurde mit einem liebevollen "Auf nimmer Wiedersehen!" in meinen Urlaub entlassen.
UND DAS IST DIE BESTE NACHRICHT, DIE ICH HEUTE HÄTTE BEKOMMEN KÖNNEN!
Wie viele wissen, hole ich morgen Mittag meine Eltern vom Flughafen ab - 2 Wochen volle Kanne Familie, Weihnachten, Reisen, Geburtstag, Silvester. Ich freue mich wie ein Flitzebogen, ihnen hier endlich alles zeigen zu können und so ein bisschen habe ich sie ja schon vermisst!

Mit diesen kurzen Worten möchte auch ich euch, was den Blog betrifft, in die Weihnachtspause entlassen. Habt eine wunderschöne Weihnachtszeit, genießt die Feiertage mit euren Liebsten, freut euch über die kleinen Geschenke, die euch jeden Tag gemacht werden, lasst es im alten Jahr nochmal so richtig krachen und rutscht gut in das neue Jahr rein! Ich vermisse euch alle sehr, besonders zu dieser Zeit.

Eure Anni. :)

Die Wunde direkt nach der Mini-OP

PS (1): Am vergangenen Donnerstag feierte ein sehr guter Freund Abschied von seinen letzten drei Monaten hier in Mosambik. Ich hoffe, wir sehen uns eines Tages in Berlin wieder, Bas!

Überall diese Plastikweihnachtsbäume....

Und tschüss, Bas!


PS (2): Die erste Weihnachtsfeier im Projekt habe ich jetzt auch schon hinter mir: Am vergangenen Freitag bin ich auf Wunsch der Kinder trotz Krankschreibung zur Feier gegangen und habe den Nachmittag mit ihnen genossen!

Selina, das Kind einer Tia und Admira

"Hmmm, soll ich da jetzt mitspielen oder nicht?"

Losinho und Fernanda

Ein neues Baby bei uns im Projekt - gerade einmal 6 Monate alt.

Life und Losinho - meine beiden Schätze!

Ich mit ein paar Mädels :)

Lifes tägliche Kopfstandübungen - der Bauch ist oft ein Gleichgewichtsproblem :D

Freitag, 5. Dezember 2014

Nachträge.

Hallo ihr Lieben,

schon melde ich mich zurück, aber nur ganz kurz. Für meine weltwärts-Förderung muss ich nach 3, 6 und 12 Monaten einen Bericht verfassen, um am Ende des Jahres mein Zertifikat erhalten zu können. Ich möchte euch den ersten dieser Berichte, trotz einiger schon bekannter Gefühle und Erlebnisse, dennoch nicht vorenthalten - auch, wenn er einen Monat zu spät kommt. Viel Spaß beim lesen!









Schon sind mehr als drei Monate vorbei und ich soll ein erstes Resumé ziehen. Meine Erwartungen, die ich in der Zeit VOR Mosambik hatte, kann ich eigentlich kaum noch beschreiben. Vielleicht wollte ich vor allem in einem sozialen Projekt mit Kindern helfen und ihnen meine Unterstützung anbieten. Ich wollte ein neues Land, deren Kultur und Menschen kennenlernen, wollte in einer Gastfamilie leben und mit ihnen den mosambikanischen Alltag erleben. Wie schon im Vorbereitungsseminar erwähnt wurde, musste mir allerdings erst einmal geholfen werden – ich musste mich an Maputo, die Menschen, eine neue Sprache und so viele Kleinigkeiten gewöhnen. Heute, nach 3 ½ Monaten kann ich sagen: Ich bin angekommen, spreche erstaunlich gut portugiesisch und mache bereits Unterschiede, an welchen Orten in Mosambik es mir besser gefällt und wo nicht. Ein ganz normales Leben, wie ich es auch in Deutschland führe, ist es trotz all dem noch nicht wirklich, da vor allem das Freunde finden bisher eine Hürde darstellte. Mit jedem Tag hier in Mosambik merke ich aber, dass es nur eine Frage der Zeit, der Überwindung und der eigenen Einstellung ist. Dennoch braucht es seine Zeit, sich in einem Land wie Mosambik und meiner Meinung nach vor allem in Maputo wohlzufühlen. Eine Stadt, die einen immer überrumpelt, die nicht schläft, und von der man gern mal Urlaub machen möchte – und dafür ist Mosambik perfekt! Die Eingewöhnungszeit in Mosambik ist mir schwer gefallen, war stark geprägt von Heimweh und auch das Vorbereitungsseminar hat mich auf mein Leben speziell hier in Mosambik nicht so gut vorbereitet. Es ist anders – komplett anders von all dem, was ich bisher kennen gelernt habe. Das Leben hier hält einen auf Trapp und ist anfangs eine Herausforderung. Man muss sich selbst jeden Tag erneut dazu aufraffen, Mosambik kennen und lieben lernen zu wollen, aber es lohnt sich.
Mein Projekt heißt REMAR, es wird von einem portugiesischen Pastorenpaar geleitet und hat mehrere Zentren in Maputo und Umkreis. In meinem Projekt werden (Aids-)Waisen, ehemalige Drogenabhängige und Mütter mit Babys betreut. In meinem Haus in Liberdade wohnen Mädchen und Müttern jeden Alters sowie Jungs im Alter von ein bis zehn Jahren. Ich arbeite mit allen Kindern zusammen, kümmere mich um die alltäglichen Angelegenheiten und, wenn Zeit und Lust da ist, basteln, malen, kochen, spielen und machen weitere Sachen, die einem halt einfallen. Mein Arbeitstag beginnt gegen 8:00 Uhr mit einer herzlichen Gruppenumarmung von allen anwesenden Kindern, die mir jeden Morgen das Aufstehen leichter macht. Bis 10:00 Uhr ist dann Spiel- und Kuschelzeit, manche der Babys müssen noch angezogen werden und die letzten frühstücken. Zwischen 10:00 und 11:00 Uhr gibt es Lunch, einen kleinen Zwischensnack. Danach ist bis zum Mittag (zwischen 12:00 und 13:30 Uhr) wieder Spielzeit, die manchmal aufgrund von Hitze durch vorgezogenen Mittagsschlaf gefüllt wird. Manchmal kommen die älteren Schulmädchen auch zu mir und fragen nach Hilfe bei ihren Hausaufgaben. Beim Essen helfe ich vor allem den Kleineren, den Löffel in den Mund zu bekommen. Manchmal helfe ich zuvor noch bei der Vorbereitung zum Mittag. Nach dem Essen heißt es Waschen und vor allem die Babys ins Bett legen. Manchmal setze ich mich auch zu den größeren Jugendlichen und wir reden noch etwas über ihre alltäglichen Probleme – diese Zeit genieße ich immer besonders! Zwischen 15:00 und 16:00 Uhr beende ich meinen Arbeitstag bei REMAR, da die meisten Kinder ab dann 2 – 3 Stunden schlafen.
In meinem Projekt wurde ich anfangs gut aufgenommen, allerdings schlecht „eingearbeitet“ (hier werde ich etwas ausführlicher, als geplant und auch gewünscht, aber ich denke, es ist wichtig, um meine Meinung gegenüber meinem Projekt verstehen zu können): Ich hatte noch nie feste Arbeitszeiten beziehungsweise einen gut abgesteckten Aufgabenbereich. Ich kümmere mich halt um das, was anfällt. Ich schaue den Jungs beim Turm bauen zu, bastle mit ihnen Flugzeuge, rede mit den Mädchen über ganz normale „Mädchenprobleme“ und tausche mich mit der weiteren dort arbeitenden Tia über den Tag aus. Gerade Letzteres war lange ein Thema, da neben mir nur eine weitere Verantwortliche im Projekt ist und es auch immer eine dieser Tias gab, mit denen ich mich wirklich nicht gut verstanden habe. Auch die Kinder mussten lange unter ihrer strengen Erziehung und vor allem unter ihren Schlägen leiden. Die ersten 2 ½ Monate habe ich es mehr oder weniger hingenommen und versucht, damit klarzukommen. Die Wochen danach wurde ich krank, gesundheitlich aber auch psychisch, denn der Druck, den diese eine Tia im Alltag ausübt, übertrug sich auf mich und mein Wohlbefinden. Ich war kurz davor, mein Projekt zu wechseln, entschied mich aber, ein letztes Mal dazu, die Initiative zu ergreifen und das Problem offen im Projekt anzusprechen – dieses Mal mit Erfolg. Der Tia wurde gekündigt, die Kinder fangen an, offener zu werden und schätzen meine Anwesenheit von Tag zu Tag mehr. Durch meine Ehrlichkeit habe ich meinen Aufenthalt sowie auch das Leben der Kinder im Projekt verbessert. Die Arbeit entwickelt sich jeden Tag besser und ich habe die Kleinen schon jetzt tief in mein Herz geschlossen! Natürlich habe ich mir anfangs Ziele gesetzt, die bis jetzt aufgrund von vielen Problemen aufgehalten wurden. In nächster Zukunft werde ich Kleinigkeiten angehen, denn die letzten 3 Monate haben mir gezeigt, dass nicht alles von heute auf morgen möglich ist. Ich möchte meine Aufgaben noch genauer erkennen und vor allem den Kindern besser bei den Schulaufgaben helfen können. Letzteres gelingt bisher aufgrund von Sprachproblemen noch nicht immer so gut. Ich weiß, dass mir die Kinder dankbar sind, mich immer mehr akzeptieren und auch schätzen und ich mich somit ab jetzt jeden Tag auf meinen Arbeitstag freuen kann.
Vor meinem Freiwilligendienst hatte ich kaum Vorstellungen zu Mosambik oder auch Maputo. Wie bereits aber schon erwähnt, kann man sich meiner Meinung nach auf das Leben hier nicht vorbereiten. Der Alltag und die Kultur trifft einen hier mit einer geballten Ladung an Schock und ohne jegliche Rücksicht. Man muss bereit sein, diese Kultur auf sich zukommen zu lassen, sie aufzusaugen und anfangen, seinen Platz in Mosambik zu finden. Und wenn es nicht unbedingt die quirlige Hauptstadt ist, so ist es mit Sicherheit einer der tausenden Traumstrände Mosambiks, an denen man sein Herz lässt. Man muss sich im Projekt und auch in der Gastfamilien engagieren, integrieren und sein Leben hier selbst in die Hand nehmen – das wird einem hier in Mosambik definitiv nicht abgenommen. Ich habe Mosambik Anfangs nicht so sehr genießen können, wie ich es erwartet habe, ich habe mich hier nicht wohl gefühlt und wusste auch lange nicht, woran das liegen könnte. Die letzten zwei Wochen in meinem Projekt sowie einige Urlaubstripps zeigen mir allerdings, dass sich mein Leben hier mittlerweile um 180° gedreht hat. Mosambik saugt mich auf, zeigt mir mit der Zeit mehr schönere Seiten und lässt mich zur Zeit nicht mehr los. Ich verliere mein Herz an schönen Stränden oder an schönen Tagen im Projekt, wenn die Babys einen unschuldig anlächeln, obwohl sie sich gerade in die Hose gemacht haben. Mein Leben hier hat mich, meine Werte und meine Vorstellungen verändert, es hat mich gegriffen, in eine Achterbahn gesteckt und mich völlig durchwuselt wieder heraus gezogen – und das kann ich schon nach 3 ½ Monaten behaupten. Mein Leben hier ist nicht nur wie eine bunte Kirmes sonder, wie schon Forrest Gump zu sagen pflegte, eine riesige Pralinenschachtel, die ich erst ganz schnell gelehrt habe und nun wieder fülle. Ich fülle sie mit vielen Erlebnissen, Eindrücken, strahlenden Kinderaugen und eben mit all dem, was mein Jahr hier bereichern wird.


Die gefährlichste aller Weltanschauungen
ist die Weltanschauung der Leute,
welche die Welt nicht angeschaut haben.“


Alexander von Humboldt (1769-1859)

Montag, 1. Dezember 2014

Monatsbericht November - Wie, das war's schon?

Hallo ihr Lieben,

Zuerst einmal: Wie geht es euch? Eine Frage, die ich immer seltener stelle!


Der November ist rum, einfach so - und für mich beginnt heute schon der 5. (FÜNFTE!!!!!!) Monat hier. Warum vergeht die Zeit denn so verdammt schnell? Wirklich, mir kommt es vor, als hätte es den letzten Monat nicht gegeben. Vielleicht wird dieser Monatsbericht auch gerade deshalb dieses Mal nicht so lang, aber wir werden sehen. Viel Spaß :)

Im letzten Bericht erzählte ich euch von meiner Reise nach Tofo, doch auch in den vergangen zwei Wochen sind nochmal einige spannende Dinge passiert. Nachdem ich am darauf folgenden Dienstag noch frei hatte, hieß es am Mittwoch und Donnerstag wieder arbeiten. Es war so schön, meine Kiddies wiederzusehen und auch sie haben sich sehr gefreut, ihre Tia Anni wieder bei sich haben zu können. Am Donnerstag hatte sich mal wieder der Pastor, also mein Boss, mit Besuch angekündigt. Ihr müsst euch das so vorstellen: Ich komme am Morgen ins Projekt, alles, wirklich ALLES ist schon "Pastor-clean" gesäubert worden, keine Kinder heulen oder rennen wie verrückt herum, alle sitzen ganz ruhig auf dem Boden, spielen, malen oder unterhalten sich - in richtig ANGENEHMER Atmosphäre! Der Pastor kündigt sich immer zu 10 Uhr an, das heißt, bis dahin werden alle Kinder ein Mal gebadet, mit Vaseline eingeschmiert und bekommen danach ihre schönste Kleidung an. Und dann heißt es warten, Lunch essen, ohne sich dreckig zu machen, warten, Mittag essen (mit der selben Regel), warten, schlafen, warten, Lunch, warten, warten, warten,..... Und plötzlich ist es 18 Uhr, der Pastor immer noch nicht da und wir sehen langsam ein, dass er wohl heute auch nicht mehr kommen wird. Wirklich, seitdem ich im Projekt arbeite, war er noch nie an einem Tag da, an dem ich gearbeitet habe und er sich angekündigt hatte. Ich habe allerdings einen guten Deal ausgemacht, der heißt, dass ich den Tag, nachdem der eigentliche Besuch kommen soll, frei bekomme, da ich an manchen Tagen schon bis zu 10 Stunden gearbeitet habe. Da das meist ein Donnerstag ist, heißt es dann oft: langes Wochenende! Und das direkt nach meinem Tofo-Urlaub :) Am Freitag ging es dann auch gleich los: Allan, ein Freund aus Brasilien, würde seine Zelte hier Maputo abreißen und bald wieder nach Hause fliegen. Freitag waren wir also in Feira Popular, einem Ort mit mehreren Restaurants, Bars und eigentlich immer guter Musik zum tanzen. Seine eigentliche Abschiedsfeier.... Der Samstag kam, eine neue Einladung gleich dazu, also ab am Abend in die Stadt, heute standen brasilianische Caipirinhas auf dem Plan. Nicht die schlechteste Idee! Danach noch tanzen im Nucleo (Künstlertreff?!) und das war's dann für dieses Wochenende. Haha, denkste, Anni. Sonntag war ich dennoch zu Hause, aber Montag kam dann die nächste Einladung von ihm, einen letzten Abend mit ihm zu verbringen und so fuhr ich immerhin noch auf ein Bier in die Stadt, um ihm dann endgültig "Ciao" zu sagen. Der wird mir fehlen, dieser Musik-verrückte Allan! (Youtube: Allan Massay. Unbedingt reinhören!!!) Die Woche auf der Arbeit verlief dann sehr gut, nur stand neben dem Projekt letzte Woche auch noch der Umzug in unsere neue Stadtwohnung an. Ja, wir haben ein neues Appartement, dieses Mal mit Dachterrasse und einem super schönen Blick über Maputo! Mittwoch sind wir mit Hindernissen also umgezogen, haben uns ein paar Freunde eingeladen und einen schönen ersten Abend im Appartement verbracht. Donnerstag Morgen waren Anna und Inga dann in der Migracao, auf ein Neues nach unserem DIRE (Visa) fragen, und ihr glaubt es nicht, aber ENDLICH haben wir es! Nachdem wir den Abend mal wieder in der Associacao verbrachten, holte ich mir Freitag Morgen mein DIRE ab und glaubt es mir: Ich sah noch nie so krank aus auf einem Passfoto! Aber immerhin bin ich jetzt endlich irgendwie Mosambikanerin! Am Abend hatten wir unsere Einweihungsparty geplant, jedoch war auch ein kostenloses Konzert im ICMA (Deutsch-Mosambikanisches Kulturzentrum), weshalb wir schon befürchteten, dass keiner kommen würde. Falsch gedacht: Wie so oft hier entstehen die besten Partys doch spontan! Nachdem auch wir also im ICMA waren, zogen wir mit einer großen Gruppe zu unserer Wohnung (wir wohnen übrigens direkt über den meiner Meinung nach lautesten Barracas der Stadt...) und hatten dort noch einen super schönen Abend, der sich letztendlich bis 5 Uhr morgens hinauszögerte und damit endete, dass ich die "Nacht" draußen auf der Terrasse unter freiem Himmel verbrachte. Kleiner negativer Nebeneffekt: Im ganzen Chaos ist irgendwie mein Handy verloren gegangen - JA, ich weiß, es war erst neu, aber aber aber....... Ok, es gibt keine Ausreden. Aber anscheinend möchte Mosambik einfach nicht, dass ich ein Smartphone besitze. Ich hoffe, dass es mir eines Tages vielleicht noch einmal in meine Hände fällt. Am Samstag hieß es für mich nach einem mehr oder weniger faulen und schläfrigen Tag dann nur noch in eine Bar und danach ab ins Bett! Sonntag war ich dann doch endlich mal wieder bei meiner Familie, die sich aber entgegen meiner Erwartungen doch sehr darüber freuten, dass ich wieder bei ihnen war. Als ich ins Wohnzimmer ging, sollte mich allerdings etwas erwarten, wovor ich schon die ganze Zeit Angst hatte: DER WEIHNACHTSBAUM wurde aufgestellt. Und nein, kein echter, sondern so richtig schön künstlich, der 24 Stunden am Tag bei 40°C Außentemperatur in den schrecklichsten Farben leuchtet. Seit heute hängen sogar noch unheimlich hässlige Weihnachtskugeln dran. Vielleicht findet ihr den ja schick, aber wie viele wissen, werde ich dieser Tradition wohl nie etwas abgewinnen können...

Der Dezember bedeutet für mich jetzt noch einmal viel Arbeit, auch wenn nur noch 3 Wochen bleiben, bis ich wieder Urlaub habe. Ich freue mich so sehr, Weihnachten mit den Kids zu verbringen, meinen Eltern schon bald meine Welt hier zeigen zu können und dieses Jahresende am schönsten Strand der Welt zu feiern!

Das soll es wohl schon gewesen sein, mit dem Monatsbericht. Entschuldigt, dass meine Beiträge immer kürzer werden, aber immerhin kommen sie noch regelmäßig!
Ich hoffe, dass mein Computer bald wieder ordentlich läuft, ich glaub, dem setzt die Hitze hier ganz schön zu. Dann bekommt ihr auch mal wieder ein paar mehr Bilder zu sehen, obwohl ich diesen Monat leider kaum Bilder gemacht habe...

Der nächste Beitrag wird dann wohl kurz vor Weihnachten kommen; den "Reisebericht" werden wohl oder übel meine Eltern verfassen müssen!

Eure Anni :)


Ich hatte einen Traum, das ist nicht lange her.
ich stand vorm Spiegel und wusste nicht, wer ich war.
Und morgens klopfte dann der Tag an die Tür,
und ich wurde wach, und dann wurde es wahr.

[...]

Und dann wünschte ich, ich könnte weg.

Denn zwischen Bergen aus Gedanken und Flüssen,
in denen Fragen fließen,
da wo Träume so wie Tulpen
zaghaft zwischen Gräsern sprießen,
wo sich die Sonne vor die Wolken schiebt,
wo man das Herz der Welt pulsieren sieht,
da liegt - ein Stück weiter als das Nimmerland
und hinter einer Zeitraumwand -
ein Ort wie ein Stillleben.

Da würde ich mich ins Moss legen,
mich im Takt mit der Welt drehen,
den Dingen noch Zeit geben
und nur atmen und still leben.

(Julia Engelmann - Stillleben)

Louis :) Der arme wurde vor ein paar Wochen von einem Auto mitgenommen, erholt sich aber in meiner Obhut richtig gut!

Posieren für die Kamera, das können sie alle ;)

Antoninho, ,,der Boss" :D

Naja, so wirklich Farbe bekommen habe ich dennoch noch nicht....

Nach drei Monate Warterei ist doch heute tatsächlich das Paket meiner Eltern angekommen! Allerdings fehlte da ein bisschen was und wirklich ganz kann man das wohl auch nicht mehr nennen...

PS: Die Fotos sind schon von den ersten Dezembertagen, da meine letzten Novemberfotos unauffindbar sind... :(

Dienstag, 18. November 2014

Neues aus der Achterbahn und von einem neuen zu Hause.

Hallo ihr Lieben,

schon wieder ist viel passiert, seitdem ich das letzte Mal geschrieben habe, deshalb will ich auch gleich mit dem Berichten anfangen. Macht euch noch schnell einen Kaffee, Kakao oder Tee, zündet euch eine Kerze an und lasst euch vielleicht etwas neidisch machen, von dem, was ich euch aus dem Süden zu erzählen habe:

Anfangen möchte ich damit, euch einige Neuerungen im Projekt mitzuteilen. In der Woche, als ich euch das letzte mal schrieb, ging es ganz schön auf und ab: Dienstag war ich bereit, alles hinzuwerfen. Ich wollte so schnell es geht ein neues Projekt haben und die letzten Monate hinter mir lassen. Als ich dies am Mittwoch Tia Sandra erzählte, war diese geschockt. Sie hatte nicht damit gerechnet. Wie einige schon wissen, gibt es hier eine Tia, mit der weder ich, noch die Kinder im Projekt klar kommen, da sie vor allem unter ihrer Gewalt sehr leiden müssen. Genau diese Tia wurde, dank Druck meinerseits, am darauf folgenden Samstag gekündigt. Ich war am Sonntag seit langem mal wieder beim Gottesdienst, zu dem ich mir fest vorgenommen hatte, endlich mit meiner Verantwortlichen zu reden. Sie hatte mir meine Entscheidung allerdings schon abgenommen und erzählte mir von der Kündigung. Das konnte doch echt nicht wahr sein, dachte ich. Genau das habe ich mir die ganze Zeit erhofft! Seit diesem Tag an geht die Stimmung im Projekt nur noch bergauf, auch wenn die liebe Carlotta natürlich sauer auf mich ist. Dennoch war es genau der richtige Schritt, den Kindern und letztendlich auch mir zu helfen – immerhin liebe ich die Kinder, finde meine Aufgaben so langsam und fühle mich ab und an wie in einer kleinen Familie, wenn ich vor allem mit den jugendlichen Mädchen tratsche. Ich hoffe, es wird nur noch besser, auch wenn in nächster Zeit erst einmal mehr Arbeit auf mich zukommen wird, da diese Tia trotzdem fehlt. Ein klein wenig stolz bin ich auf mich, dass ich eine so große Veränderung im Projekt beeinflussen und in Gang setzen konnte!

Nun zu dem Part, der euch neidisch machen soll: Ich war in Tofo – der erste Strand, der mir gefällt, aber auch der generell erste Platz in Mosambik, an dem mir klar geworden ist, warum ich dieses Jahr mache. Aber von vorn: Am Mittwoch hieß es für mich und 6 weitere Freiwillige um 05:00 Uhr ab ins Chapa nach Tofo – 500 km und 7-10 Stunden Busfahrt lagen vor uns. Gegen 14:00 Uhr erreichten wir nach einer mehr oder weniger angenehmen Fahrt unser Ziel, fanden unsere Lodge (direkt am Meer!!!), packten kurz aus und liefen dann zur Tauchschule (Diversity Scuba, wer es googlen möchte) – ja, wir gönnten uns einen Tauchschein, die PADI Open Water Diving License. 4 Tage Wasser standen vor uns im Paradies schlechthin. Nachdem wir noch am Mittwoch alle Formalitäten erledigten, ging es am Donnerstag mit einem ganzen Tag im Raum, vor dem Fernseher, weiter, um zumindest den theoretischen Part so schnell wie möglich hinter uns zu bringen. Am nächsten Tag wurden unsere mehr oder weniger erlernten „Kenntnisse“ im Pool getestet und gefestigt. Am Samstag und Sonntag ging es dann ins Meer – Übungen erledigen und letztendlich auch viele, viele Fische sehen! Die ganze Zeit über war es einfach mal wieder so schön, etwas richtiges und so anderes zu tun zu haben, als nur in Maputo zu gammeln. Ja, auch wenn mein Leben in Maputo immer besser wird, so habe ich genau solch einen Schub so sehr gebraucht. Jeden Abend verbrachte ich im Ort, bei einem Konzert, in einer Baracca oder einfach in der Tauchschule. Es waren so wunderschöne 6 Tage, die ich so schnell nicht vergessen werde! Auch bin ich mir ganz sicher, dass auch der geplante Trip mit meinen Eltern über Silvester nicht der letzte nach Tofo sein wird! Tofo fühlt sich komischerweise wie ein zweites zu Hause hier in Mosambik an, denn als ich gestern Mittag in Junta, dem großen Busbahnhof in Maputo, ausstieg, wurde mir noch einmal besonders bewusst, wie unschön ich diese Stadt wirklich finde. In Tofo hatte ich endlich das Gefühl, angekommen zu sein, ich hatte Zeit, über meine letzten Monate hier nachzudenken und mir Ziele für das restliche Jahr zu setzen. Ich habe es genossen.
Danke Tofo – Ich komme wieder, keine Frage!

So, das war es auch schon wieder. Eigentlich würde ich gern Bilder sprechen lassen, doch aufgrund von Zeitmangel sind leider nicht viele Bilder entstanden. Dennoch versuche ich, euch wenigstens einen kleinen Eindruck von diesem Paradies zu geben.

Da mein Laptopkabel zur Zeit kaputt ist und ich nicht genau weiß, wann ich mir ein neues leisten werde, sieht meine Internetsituation zur Zeit echt bescheiden aus. Geduldet euch bitte, der nächste Eintrag folgt spätestens im nächsten Jahr. Immerhin sind es nur noch 35 Tage bis meine Oldies hier aufkreuzen und auch 2015 ist dann nicht mehr lange hin.

Bis dahin wünsche ich euch allen nur das Allerbeste, dass ich bei bester Gesundheit seid und eure Tage genauso genießt, wie ich es tue. Meldet euch bei mir über meine Handynummer, wenn euch dringende Fragen auf dem Herzen liegen.

Mit einer festen Umarmung und tausend Küssen in die Ferne sende ich euch liebe Grüße!


Eure Anni :)

Zeit nehmen, endlich. Und ankommen.

Der Strand von Tofo.

Unser Ausblick von der Lodge.


Donnerstag, 30. Oktober 2014

Monatsbericht Oktober.

Teil 1: Daheim bist du erst dann, wenn du unter der Dusche dein Lieblingslied laut mitsingst!

Hallo ihr Lieben,

da bin ich also wieder und melde mich zum obligatorischen Monatsabschlussbericht! Ich weiß gar nicht so recht, was ich erzählen soll, aber wie ihr wisst, finde ich immer etwas. Dann mal los:

Der dritte Monat hier in Mosambik ist gefühlsmäßig mein erster Monat zu Hause. Na klar, auch wenn ich noch nicht all das mache, was ich mir bis zu diesem Zeitpunkt vorgenommen habe (vor allem das Tanzen!), so habe ich trotzdem das Gefühl, hier endlich nicht mehr früher als geplant weg zu wollen! Woran das liegt? Ach, für manche Gefühle gibt es einfach keine Erklärungen.
Seit dem letzten Eintrag hatte ich einige schöne, entspannte und aufregende Tage. Gleich in der anschließenden Woche lief es im Projekt so gut, da jeden Tag irgend etwas anderes spontanes anstand und somit mal endlich etwas Abwechslung in den Alltag kam. Zum Beispiel habe ich mich einen Tag mit zwei der älteren Mädchen (Wanda und Rosa) daran gemacht, die Speisekammer mal ordentlich durchzuputzen. Dabei fand ich so einige Lebensmittel (was ALLES Spenden sind!), die man einfach keinem Waisenhaus spenden sollte. Ein paar nette Beispiele: EINE Flasche Knorr-Salatdressing oder eben die Senseo - Cappuccino – Pads. Letzteres ist so unsinnig, da natürlich kein Geld für die passende Kaffemaschine (die so oder so sinnlos wäre) da ist. An diesem Tag ist mir der Sinn von Spenden, die überall auf der Welt getätigt werden, richtig bewusst worden. Bei vielen Lebensmitteln wurde ich zudem gefragt, was das sei und wofür man es gebrauchen könnte. Am selben Tag ist zum Beispiel aber auch eine riesige Lieferung von portugiesischem Käse angekommen, wobei die liebe Tia Sandra der Meinung war, es könne auch ein Stück für Tia Anni abfallen. Es war wirklich so viel und leider ist die Kühlkette bis zu diesem Zeitpunkt schon mehrmals unterbrochen worden, sodass es sich nur um Stunden handeln kann, bis der Käse anfängt zu schimmeln. Uns Freiwilligen hat er auch noch 2 Tage später geschmeckt – immerhin war es RICHTIGER Käse! An einem anderen Tag kam gegen 10:30 Uhr die Mutter von Tia Teresa im Projekt vorbei. Es stand Religionsunterricht auf dem Plan, woran neben ca. 15 der etwas älteren Mädchen auch ich teilgenommen habe. Ich freue mich jedes Mal, wenn mich jemand fragt, ob es ok sei, wenn derjenige auf portugiesisch sprechen und ich mittlerweile mit einem „Natürlich!“ antworten kann. Ich habe dem Sinn des Unterrichts gut folgen können und durfte sogar auch ab und an meine Meinung zu manchen Geboten sagen. Auch wenn ich keine religiöse Person bin, so merke ich doch, wie sehr und vor allem WARUM so viele Menschen gerade hier in Mosambik in Gott vertrauen und an ihn Glauben. Das Leben ist halt nicht immer leicht… Für keinen von uns.
Am darauf folgenden Wochenende stand auch mal wieder etwas anderes auf dem Plan, denn wir bekamen „Besuch“ aus Santa Isabel. Dort wohnen drei andere Freiwillige von zwei unterschiedlichen Organisationen zusammen in einem Waisenheim und leisten ihren Freiwilligendienst. Tineke hatte meinen Blog im Internet gefunden, mich angeschrieben und wir haben uns sofort gut verstanden! Nachdem wir dann noch festgestellt haben, dass wir in Deutschland so viele gemeinsame Freunde und Geschichten habe… :D Nun gut, die drei (Juli, Tineke und Antonius) sind also am Freitag Abend zu uns in die Stadtwohnung gekommen, wir waren Pizza essen und danach in der Associacao. Da man anschließend immer eine Party findet, ließen wir uns den restlichen Abend offen. Letztendlich saßen wir in der Baracca, in der wir bereits am zweiten Tag hier in Mosambik mit Hbonny (unser bis dahin schon zweites) Bier trinken waren – Mensch Leute, das ist ja schon 3 Monate her! Irgendwie waren wir alle recht fertig, weshalb das keine all zu lange Nacht war – dafür gab es umso mehr Schlaf und am morgen dann Körnerbrötchen mit meinem Käse aus dem Projekt und Naturjoghurt mit Bananen! Danach waren wir noch auf dem Kunstmarkt und wieder essen. Den Rest des Wochenendes habe ich ruhig zu Hause mit meiner Familie verbracht (auch nicht zuletzt, weil ich zu Hause einfach viel besser schlafen kann!), was sehr angenehm war. Die letzten Tage sind irgendwie auch nochmal wie im Flug vergangen: Montag und Dienstag ein entspanntes Arbeiten mit Tia Sandra, Mittwoch mit Inga und Anna in die Sommerchield-Klinik (für Inga, nicht für mich, auch wenn ich eigentlich auch mal zum Arzt gehen sollte…) und anschließend zu Emmi, um sie wieder in Mosambik zu begrüßen! Sie war für zwei Wochen in Finnland, keine weiteren Ausführungen, beendet das Jahr aber hier in Mosambik. Es war so schön, sie endlich wieder zu sehen! Ein kleinen Nebeneffekt hatte das ganze dann auch noch: Am Anfang des Monats wurde mir beim aufs MyLove klettern mein gesamtes Portemonnaie inklusive Visa-Karte geklaut. Die neue Karte hatten meine Eltern nach Finnland geschickt und Emmi schenkte mir nicht nur die Karte zu ihrer Ankunft, sondern auch die von mir schon so lang ersehnten DVD's meiner letzten Tanzgala mit dem Tanztheater Strausberg! Ab jetzt kann ich mich also immer, wenn mir danach ist, an die schöne Zeit mit euch erinnern oder einfach im Wohnzimmer mittanzen! Und ein paar Tränen dürfen auch fließen… Zu dem ganzen Stress mit der Visakarte kam dann auch noch ein weiterer Diebstahl: Mir wurde mein (wohl gesagt zweites) Handy aus der Hand geklaut. 3 Tage ging es ohne Smartphone, doch heute habe ich mir dann doch wieder ein neues, bzw. einfach wieder mein altes, gekauft. Ich muss ab sofort wohl doch leider vorsichtiger und vor allem misstrauischer gegenüber jeder Person sein, als ich es eigentlich je werden wollte. Traurig, aber der wohl einzige Weg, nicht allzu viel Geld hier zu lassen. Beinahe allen, denen ich diese Storys bereits erzählt habe, sagen Ähnliches: „Du wolltest du helfen – irgendjemanden hast du auf jeden Fall glücklich gemacht!“. Meine Gastmutter fügt belustigt folgendes an: „Jetzt kannst du ja wieder fliegen. Nächste Woche vielleicht?“. Das lasse ich lieber unkommentiert, denn so wohl wie im letzten Monat habe ich mich hier noch nie gefühlt – trotz der Diebereien.
Ich habe auch eine neue Nummer, wer die haben möchte, fragt am besten Mama und Papa oder mich selbst per Email.

Morgen steht auch schon wieder so einiges an, denn meine liebe Gledice wird „schon 31 Jahre alt“. Dafür plant Nercio eine Überraschung, wofür mein Zimmer vor gut zwei Stunden zu einem Bunker geheimer Getränke und Sonstigem umfunktioniert wurde. Mal sehen, was er so plant. Am Samstag werden wir dann Sandra verabschieden, die aufgrund von Visaproblemen bereits nach 3 anstatt geplanten 12 Monaten ihren Freiwilligendienst beenden muss. Doch dazu Anfang nächster Woche mehr – ich nehme mir fest vor, euch dann noch einmal zu schreiben!

Nun zum hoch aktuellen Thema: DIE WAHLERGEBNISSE STEHEN FEST!
Um 16:36 Uhr erhielten wir eine Email von der deutschen Botschaft, in der (ironisch formuliert!) der sofortige Ausnahmezustand ausgerufen wurde. Vor allem im Bairro Machava und in der Stadt Beira sei es bereits zu Ausschreitungen gekommen und man solle Menschenansammlungen meiden. In genau diesem Augenblick klemmten Anna und ich im Chapa auf dem Weg nach Hause, nach Machava. Und ja, wir leben noch. Denn mehr, als eine Party in unserer Bar hier um die Ecke, habe ich bisher nichts mitbekommen. Allerdings sollen angeblich zum Beispiel im Bairro Choupal alle Geschäfte geschlossen haben. Auch mein Gastvater hatte schon beinahe Angst, seine Frau aus der Stadt von der Arbeit abzuholen. Mal sehen, ob wir morgen überhaupt arbeiten gehen können…
Sobald ich einen Link zu den konkreten Wahlergebnissen finde, werde ich ihn noch nachliefern. Wenn nicht, müsst ihr einfach mal selber danach im world wide web suchen.

Eine Kurzfassung: Filipe Jacinto Nyusi ist der neue Präsident Mosambiks und FRELIMO bleibt somit weitere 5 Jahre an der Macht.

Eine kurze unwichtige Nebeninfo (so etwas läuft zwischen den Ausschreitungsberichten und den Wahlergebnissen…): BOSCH Deutschland ist nun auch auf dem mosambikanischen Markt vertreten! Herzlichen Glückwunsch :)

Das war es für heute auch schon wieder, ganz so viel ist es also noch nicht.

Bis zum nächsten Mal, liebe Grüße in die Heimat und eine fette Umarmung an alle, die eine haben möchten!


Eure Anni :)

Teil 2: Und eines Tages...

Hallo ihr Lieben,

hier nun also der versprochene Eintrag zu meinem mehr oder minder spannenden Wochenende, mit dem ich diesen Monatsbericht gern beenden möchte.

Am Freitag fuhr ich am Nachmittag in die Stadt, denn heute war nicht nur bei euch Halloween, sondern bei mir auch der 31. Geburtstag meiner Gastmutter. Ich war also in der Stadt, um ihr noch ein kleines Geschenk zu kaufen. Danach fuhr ich nach Hause, um Nercio bei der Vorbereitung der Überraschungsparty zu helfen. Um es kurz zu machen: Gegen 18:00 Uhr saßen Nercio und ich samt Nachbarn und Kinder im Durchgangs-Esszimmer-Flur im Dunkeln, der Tisch gedeckt mit einer riesigen Torte, wie es hier so üblich ist (vom Geschmack her die Beste, die ich je gegessen habe), Limonade und Mengen an Saft. Gledice betritt mit einer Cousine das Haus, der einzige Gast, den Nercio ihr erlaubt hat. Nach 10 Minuten warten macht sie die Tür zum Flur auf, Nercio macht das Licht an, alle fangen an zu singen – Gledice fällt fast der 50mt (1,25€) Kuchen aus der Hand, den ihr ihr Mann „erlaubt“ und sie aus der Stadt mitgebracht hat. Sie freut sich, lacht, umarmt ihre Überraschungsgäste, tanzt zum Gesang. Vovo Telma bindet ihr als Geschenk eine Capulana um. Nachdem wir fertig sind mit dem Singen „beschwert“ sie sich bei ihrem Mann, wie doof sie doch mit ihrem Bolinho (kleiner Kuchen) dasteht. Wir lachen, alle, und freuen uns, dass die Überraschung gelungen ist. Wieder werden Reden gehalten, erst Nercio, dann Gledice, Vovo Telma, Tia Lyria und ihr Mann, die kleine Rosinha und schließlich auch ich – das kenne ich ja schon. Wir stoßen mit Saft und Limonade an, Nercio schenkt ihr schon lang gewünschte Ballerinas von Puma, die sie bei weiteren Gesängen jeden unter die Nase reibt. Auch ich gebe ihr mein Geschenk, ein Perlenarmband, welchen sie den ganzen Abend trägt. Nach und nach kommen weitere Gäste, von denen sie nichts weiß. Immer mehr, und mehr. Alles nur Familie, und wie ich am nächsten Abend feststellen soll, ein SEHR kleiner Teil der Familie. Dennoch bestimmt ca. 30 Personen. Wir sitzen bis ungefähr 1 Uhr mal auf dem Hof, dann wieder in der Küche oder letztendlich im Wohnzimmer. Es gibt Reis, Pommes und Hühnchen – und natürlich den Kuchen! All das hat unsere tolle Tia Lousia ebenfalls heimlich hinter Gledice' Rücken den ganzen Tag über zubereitet. Es war schön, richtig schön, und dennoch war ich etwas traurig, den letzten Abend mit Sandra verpasst zu haben.
Am nächsten Morgen verließ ich gegen 11:00 Uhr das Haus, um zum Flughafen zu fahren. Heute sollte Sandra doch tatsächlich schon nach Hause fliegen, nach 3 anstatt wie geplant 12 Monaten. Einfach so. Und dann war sie weg. Jetzt fehlt jemand von uns. Und auch, wenn ich in den letzten Wochen nicht mehr allzu viel mit ihr zu tun hatte, wird mir allein ihre lässige Art, egal WESHALB, fehlen! Dieses Jahr stellt, wie wir untereinander immer wieder feststellen, mehr Herausforderungen, als man es sich je vorstellen konnte… Vielleicht fiel uns der Abschied deshalb auch so schwer.
Danach fuhren wir in die Stadt und aßen in unserem mittlerweile „Stammrestaurant“ Mittag. Für den Abend stand für mich mal wieder eine Familienfeier an, die in Zimpeto, einem anderen Vorort von Maputo, bei der Tante meiner Gastmutter stattfinden sollte. Sie feierte letztendlich an diesem Tag auch ihren 60. Geburtstag. Als ich gegen 17:30 Uhr dort ankam, wurde es in Maputo bereits dunkel. Der Hof, den ich vorher bereits einmal gesehen hatte, war nicht wieder zu erkennen. Überall riesige runde Tische, die von den Frauen der Familie eingedeckt wurden. Nachdem ich meine Sachen sicher verstaut hatte, half ich ihnen damit, Schleifen an die Plastikstühle zu binden, die Tische einzudecken und das riesige Buffet vorzubereiten. Gegen 19:30 Uhr trafen die ersten Gäste (neben der sowieso schon anwesend seienden riesigen Zahl an Familienmitgliedern) ein. Gegen 20:30 Uhr wurden dann die schon bekannten Reden gehalten – vom Sohn, der Tochter, der Tochter der Tochter, der Cousine des Sohnes,… Fast jeder erhob das Wort und ich war froh, es dieses Mal nicht auch tun zu müssen. Die Zeremonie des Buffet - Eröffnens finde ich allerdings immer wieder schön: Es gibt auf jeder Feier, egal, wie groß diese ist, eine riesige Kuchenvielfalt. Diese Kuchen werden dann zusammen mit dem Partner wie bei der Hochzeit angeschnitten, man „füttert“ sich gegenseitig und schiebt noch einen Schluck Champagner nach. Dazu singen alle Gäste, mal auf Portugiesisch, mal auf Changana. Die Gesänge sind jedes Mal aufs Neue wunderschön und ab und an kann man auch mal Gänsehaut bekommen. Es war wieder einmal eine tolle Zeremonie. Danach wurde das umfangreiche Buffet eröffnet, womit auch die Party so richtig beginnen konnte. Und wenn man denkt, dass nur die Jugend hier in Mosambik zu Partys ihre Hüften schwingt, so irrt man sich: Auch die sechzigjährige Tante stand des Öfteren auf der Tanzfläche und hat eine sehr gute Figur dabei gemacht. Es wurde recht kalt und so saß ich gegen 22:00 Uhr mit vielen Cousins, Cousinen und anderen Familienangehörigen in der Küche und tauschte mich ein weiteres Mal über das Leben in Mosambik und das in Deutschland aus. Leider ist es mir auch nach der fünften Familienfeier noch nicht möglich, alle Personen richtig zuzuordnen – auf der Feier waren insgesamt bestimmt um die 130 Gäste, davon 120, die zur Familie gehörten. Da hört dann auch mein Erinnerungsvermögen auf, und ich bin froh, wenn ich die Personen wieder erkenne, die ich schon fester in mein Herz geschlossen habe.
Da ich immer noch erkältet bin bzw. meine Erkältung ziemlich doll verschleppt habe, fiel ich gegen 1:00 Uhr ins Bett der Cousine, die mit im Haus wohnt. Wirklich schlafen konnte ich nicht, aber wie soll das auch gehen, wenn die eher schlechte Musikanlage den Bass in deine Ohren treibt. Gegen 4:30 Uhr am Morgen weckte mich Gledice mit den Worten, wir würden jetzt noch nach Hause fahren – Na gut. Und so fiel ich ein zweites mal gegen 6:00 Uhr in mein Bett und holte bis zum Nachmittag den benötigten Schlaf nach. Frühstück um 15:00 Uhr an einem Sonntag? Das ist schon ein kleines bisschen wie zu Hause!
Letztendlich war es das auch von meinem Sonntag, da wir drei (Aillen natürlich nicht) hundemüde, kaputt und einfach zu nichts mehr zu gebrauchen waren.
Und so begann mit dem heutigen Tag die erste Woche meines zweiten Viertels dieses Jahres. Ein komisches Gefühl, denn die Achterbahnfahrt hört nicht auf. Dennoch bin ich glücklich mit meiner Entscheidung, dieses Jahr zu wagen, auch wenn ich mittlerweile den Satz vieler Bekannter „Mensch, du bist ja mutig.“ viel besser verstehen kann. Es gehört Mut dazu, einen solchen Schritt zu wagen, das gibt auch Gledice zu, mit der ich gestern Abend noch über Abschied, Veränderungen und neue Lebensabschnitte geredet habe. Ich bin froh, dass ich mit Gledice, Nercio und Aillen eine Familie und mit den anderen Freiwilligen Freunde gefunden haben, die fast schon wie meine zweite Familie sind.

Eure Anni :)

PS (1): Heute sind es noch genau 50 Tage bis auch ich am Flughafen stehen darf – um meine Eltern endlich abzuholen! Die Reiseplanung beginnt!

PS (2): Ich denke, ihr dürft euch sehr auf den nächsten Eintrag freuen, denn nächste Woche gönnen wir uns mal endlich richtig Urlaub - und noch ein bisschen mehr.



Gledice betritt mit ihrem Bolinho den Raum - im Vordergrund die Torte.

Unschuldige Aillen? Sie konnte trotzdem nicht warten und hat den Bolinho angeknabbert.

Glückliche Gasteltern :)

Aillen, Gledice, Lyria mit Baby Lilli, Vovo Telma und der Mann von Lyria.

Kuchen anschneiden - wie bei der Hochzeit. (Gledice hatte die Hand oben, na wer weiß...)

Ohne Worte :D

Kuchen anschneiden bei der Tante - auch hier, wie bei der Hochzeit.

Reden halten, singen, tanzen - gute Laune!
Und noch mehr!

Prost!

Ich entwickle Tatendrang, mache langfristige, unheimlich langfristige, Pläne. Ich möchte mir das schönste Jahr machen, das nur möglich ist - auch wenn es, natürlich, Hochs und Tiefs geben wird.

Und eines Tages, Baby, werden wir alt sein,oh Baby, werden wir alt seinund an all die Geschichten denken –die für immer unsere sind.
[Julia Engelmann - One Day Reckoning Song]

Sonntag, 19. Oktober 2014

Projekt, Fußball, Alltag und - die Wahlen!

Hallo ihr Lieben,

es ist schon wieder ein paar Tage her, als ich mich das letzte Mal gemeldet habe. Zu aller erst und als Kurzfassung für die lese-faulen unter euch: Ich bin krank, mal wieder. Aber ansonsten geht es mir super gut!

Heute möchte ich euch nun endlich etwas ausführlicher zu meinem Projekt und somit meinem Tagesablauf berichten. Ich stehe jeden Morgen gegen 7:30Uhr, manchmal auch erst 8:00Uhr auf. Duschen, anziehen, Frühstücken, los. Wenn alles gut geht, bin ich kurz vor 9 Uhr in Liberdade, dort, wo meine Einsatzstelle vom Projekt REMAR liegt. Von der Paragem (Haltestelle) laufe ich nochmal zwischen 5 und 10 Minuten, je nachdem, wie groß die Müdigkeit noch ist. Gegen 9:00Uhr beginne ich dann meine Arbeit im Projekt. Als Anna und ich in den ersten Tagen schon um 8:00Uhr dort waren, wurden wir ganz verdutzt angeschaut – die Kinder seien ja noch gar nicht mit dem Putzen fertig und deshalb sollten wir doch lieber noch warten. Der Grund also, warum ich immer etwas mehr schlafen kann als andere Freiwillige. Die Kinder freuen sich immer riesig, wenn ich am Tor klopfe und auf den Schlüssel warte. Sobald die Tür dann aufgeht, trage ich ab und an schon einmal bis zu 3 Kinder gleichzeitig auf mir: Arme, Rücken, Beine. Nachdem sich die erste Euphorie gelegt hat, schaue ich mir die kleinsten an. Die „Babys“ haben oft noch ihr halbes Frühstück im Gesicht, weshalb es dann erst einmal WASCHEN heißt. Kami, Lucas, Lusinho und Gabriella leben mit ihren Müttern im Projekt, wohingegen Soninha und Life alleine hier wohnen. Sie sind zwischen einem und drei Jahren alt und ALLE so süß! Nachdem das Waschen geschafft ist, setze ich mich meist einfach irgendwo auf den Boden, brauche nur einmal in die Runde zu schauen und schwupps, schon sitzen sie, klettern auf mir, hangeln sich an mir herum. Manchmal muss ich dabei auch ganz schön Haare lassen, weil sie in der Hinsicht nicht immer so vorsichtig sind. Zu den restlichen Kindern, die am Vormittag im Haus sind: Zu den Babys kommen außerdem ca. 5-6 Jungen (die Namen, die ich kenne: Shitinho, Antonio, Anotinho, Jani (oder so ähnlich), Sabatinho). Sie sind alle zwischen 5 und 10 Jahren alt. Zudem leben natürlich viele Mädchen in diesem Haus, da es nun mal das Mädchenhaus ist. Entschuldigt, wenn ich noch nicht all ihre Namen kenne, aber hier mal eine kleine Auswahl: Anina, Selina, die Zwillinge (eine von ihnen heißt Medita), Admira (bis hier hin vielleicht alle zwischen 10 und 12 Jahren), Ana Paula (19 Jahre), Zinha (die Mutter von Gabriella, 15 Jahre), Zinha (auch ca 15 oder 16?!), Wanda (17 Jahre), Anita (Mutter von Lusinho, vielleicht um die 20?!), Celeste (Mutter von Lucas, wahrscheinlich auch um die 20 Jahre), Jessica (ca. 16 Jahre), Rosa (ca. 15 Jahre). Es sind einfach zu viele – also zum Namen merken. Darin bin ich hier nämlich unglaublich schlecht, wie ich jeden Tag erschreckend feststelle. Zu den genannten hüpfen immer mal noch 10 bis 15 Mädchen mehr hier herum. Mit den Kindern vom Nachmittag möchte ich erst gar nicht anfangen, da nach dem Mittagessen eine Horde von nochmals ca. 20 Kindern nach Hause kommt. Hoffentlich werde ich mit der Zeit noch alle Namen und dazugehörige Gesichter kennen! Weiter aber mit dem Tagesablauf: Zwischen 10:00 Uhr und 10:30 Uhr gibt es Lunch – meist eine Schüssel voll Reis-Chips-Ähnlichem, richtige Chips, einen Apfel oder Gebäck. Wie der Lunch ausfällt, hängt immer von den Spenden ab, die REMAR bekommt. Gab es aber zum Beispiel mal eine größere Spende von Chips oder sogar Kaubonbons, so wird das alles an einem Tag verteilt – aufteilen scheint hier nicht so „in“ zu sein, was ich sehr schade finde, da an manchen Tagen das Essen schon knapp wird. An einem Tag gab es zum Beispiel auch eine Spende von Chips und dazu gut 9,5kg portugiesischen Kuchen namens „Pasteis de Nata“. Anstatt für jedes Kind eines dieser leckeren Küchlein zu grillen, gab es erst einmal die Chips und anschließend wurde der gesamte Vorrat an Pasteis weggegrillt und vor allem nur unter den größeren, die sie zubereitet haben, aufgeteilt. Die Devise lautet anscheinend auch hier: Heute muss ich mit dem leben, was ich haben kann. Morgen ist ein neuer, anderer Tag. Nun gut, damit stimme ich nicht so ganz überein. Dennoch freue ich mich riesig über die immer mehr zunehmende Vielfalt beim Lunch, da es anfangs nur diesen chipsartigen Reis gab. Nach dem Lunch werden wieder Münde und Hände gewaschen und es geht auf in die zweite Runde kuscheln, spielen, Kinder durch die Gegend tragen, sich von der Müdigkeit der Babys mitreißen lassen oder alle 2 Minuten mit ihnen auf die Toilette gehen. Bei letzteren habe ich mich mit der Zeit an die Tatsachen gewöhnt, dass mindestens eine von den drei normalen Toiletten eigentlich immer kurz vorm Überlaufen ist, ich keinen Lappen zum sauber machen der Babys habe und auch nicht immer Seife zur Verfügung steht. Man kommt irgendwie mit allem klar, aber ohne Wasser würden sie sonst einfach ihre Hose hochziehen und weiter schmutzig herum laufen. Die Zeit bis zum Mittagessen kann sich manchmal ganz schön in die Länge ziehen, weshalb ich mir an manchen Tagen versuche, Kleinigkeiten auszudenken. Das Problem bei dessen Umsetzung ist nur, dass die Babys eigentlich noch nichts richtig mitmachen können, außer zu malen, und wenn ich mich mit den größeren hinsetzen und lesen oder rechnen möchte, so muss ich alle paar Minuten meine Arbeite für die kleinen und Großen Sorgen der Kinder unterbrechen: Streitereien, eine Mutter, die sich gerade nicht um ihr Kind kümmern möchte, das Bitten nach Wasser, Toilette oder der wie verrückt in der Gegend frei herumlaufende Hund Chester, der unser Haus „bewacht“ und sich mal wieder von seiner Leine befreien konnte. Zu ihm muss man Folgendes sagen: Er geht mir maximal bis zur Mitte der Waden, hat ein immer verklebtes Gesicht und wenn er versucht, zu bellen, hustet er eher mal und verschluckt sich am kläglichen Versuch. Ihr seht also, einen richtigen Plan zu erstellen, bringt leider kaum etwas, weshalb ich mich auch noch nicht zu allzu vielen Aktionen überreden konnte. Zur Zeit lerne ich fleißig Klatschspiele, portugiesische Kinderlieder oder darf lernen, wie man in Mosambik mit einer „Selfmade“-Gummihopse umgeht (Bonbonpapier weit auseinander gezogen und dann zusammen geknotet). Zwischen 11:30 Uhr und 12:30 Uhr gibt es dann Mittag, was so gut wie immer aus Chima und Fisch besteht. Aber auch hier gab es in letzter Zeit etwas mehr Abwechslung als anfangs: Reis, Nudeln, Lula (Tintenfisch), Feijoadas (Bohnen) oder ein anderer, besserer Fisch. Dennoch finde ich das Essen nicht so ansprechend und oft lehne ich dankend ab. Während die Kinder essen, laufe ich zwischen drinnen (Jungs und Mädchen) und draußen (Babys) hin und her und verteile Wasser oder helfe den Kleinen beim Essen. Das Mittag kann sich an einigen Tagen als echte Qual heraus stellen, wenn es entweder so gut schmeckt, dass die großen Jungs irgendwann raus gerannt kommen und den Kleinen das Essen wegnehmen oder es eben nicht schmeckt und sich manche Babys verweigern, überhaupt etwas zu essen. Sowieso landet bei einigen so einiges unterm Tisch und auf der Kleidung, was ich ihnen nicht unbedingt über nehmen kann, da sie nun einmal alle mit großen Löffeln essen und manche diese noch nicht beherrschen können. Nach dem Essen heißt es wieder waschen, Tische abwischen, Stühle zusammenstellen, den Essensraum wischen und anschließend vor allem die Babys ins Bett bringen. Damit bin ich meist spätestens 13:00 Uhr oder 13:30 Uhr fertig. Normalerweise würde mein Arbeitstag noch bis 15 Uhr weiter. Da in dieser Zeit aber alle Kinder schlafen, gehe ich meist nach dem Essen nach Hause, fahre in die Stadt oder gehe im Take Away etwas essen. Damit habe ich einen recht kurzen Arbeitstag, was ich mal mehr und mal weniger begrüße. Ich hoffe, dass sich das noch etwas ändern wird. In nächster Zeit möchte ich die Mädchen nach dem Mittagessen gern zur Schule begleiten, die sich gegen 12:00Uhr zu Fuß dorthin aufmachen. Bewegung und Arbeit – vielleicht ist das ein kleiner Schritt.
Generell gefällt mir meine Arbeit im Projekt aber immer besser, was nicht heißt, dass ich das Projekt an sich mittlerweile sonderlich mag. Mit mir zusammen gibt es nur eine weitere Tia, die sich um all die Kinder mehr oder weniger „kümmert“ (Das Kümmern ist leider stark von der Tia abhängig...). Es ist nicht unüblich, dass hier geschlagen wird, und auch unter den Kindern selbst hat sich eine ziemlich harte Hierarchie eingespielt. Hier ist wohl das Motto: Wie du mir, so ich dir. Oder: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Zudem sind auch meine eigentlichen Ansprechpersonen nicht wirklich erreichbar für mich und es gibt auch keine finanzielle Unterstützung, wenn ich zu, Beispiel mal Stifte kaufen möchte. Das gesamte Projekt REMAR wird hier in Mosambik von einem portugiesischen Ehepaar geleitet. Der Mann ist Pastor, die Frau singt zum Gottesdienst mit ihrer Tochter und anderen Angestellten und der Sohn kümmert sich um die Technik. REMAR umfasst hier in Maputo angeblich mehrere Zentren, von denen ich lediglich das Mädchenhaus in Liberdade und das Jungenhaus mit Kirche und Schule in Machava kenne. Neben diesen Häusern, in denen nicht nur Waisen sondern auch ehemalige Drogenabhängige leben, führt REMAR auch Bioläden und Secondhand-Geschäfte. Ein recht großes Projekt, in dem ich hier arbeite und bei dem man denken sollte, dass alles glatt und super organisiert abläuft. Leider kann ich aus meiner Erfahrung oft nur vom Gegenteil berichten. Das soll es mit dem „kleinen“ Einblick in mein Projekt gewesen sein. Wenn euch dennoch etwas fehlt, schreibt es mir doch einfach.

Nach dem Wochenende der Konfirmation, bei dem ich das letzte Mal stehen geblieben bin, ist doch noch einiges passiert. Entschuldigt, wenn es vielleicht etwas durcheinander sein könnte – ich sollte anfangen, Tagebuch zu schreiben...
Am Samstag, dem 11.10., spielten im Estadio da Machava, 10 Minuten Fußmarsch von meinem Zuhause entfernt, Cape Verde gegen Mosambik. Ein Fußballspiel? Na klar, hin da! Tatsächlich hat Mosambik 2:0 gewonnen, was auch ziemlich laut gefeiert wurde. Mit deutschem Fußball möchte ich es dennoch nicht vergleichen. Ich denke aber, hier sagen die Bilder mehr, die ich versuche, ganz zum Schluss hochzuladen. Nach dem Spiel waren wir noch kurz ein Bier trinken, da Emmi, die Finnin am nächsten Tag für 2 Wochen nach Hause fliegen sollte. Die anderen sind noch weiter gegangen, ich allerdings wegen Krankheit nach Hause. Am Sonntag habe ich mich ganz entspannt mit Inga im Garten der Verliebten getroffen, richtig viel gequatscht und einfach die Ruhe genossen. Das war soooo super schön und tat nach den ersten Tagen allein arbeiten ziemlich gut. Die nachfolgende Woche war eher so mittelmäßig spannend. Bis zum Mittag arbeiten, danach entweder noch in die Stadt oder nach Hause. Irgendwas gab es immer zu tun, auch wenn es ab und an nur Mittagsschlaf ist. Bis auf Mittwoch, aber über diesen besonderen Tag berichte ich in einem anderen Abschnitt dieses Eintrags.) Dieses Wochenende fing dann wieder richtig super an: Am Freitag trafen sich Anna, Inga, Lion, Christoffer und ich uns mit Freunden von uns an der Station Coca Cola (zu Fuß 10 Minuten von mir). Dort waren wir in einer Bar so gut essen, wie noch nie hier in Mosambik! Schweinefleisch, an dem man sich schon allein satt sehen konnte, Pommes und Salat! Zusammen mit einem Bier habe ich knapp über 3€ für alles bezahlt. Danach sind wir weiter nach Socimol gefahren, vielleicht 10 Minuten mit dem Chapa. Hier statteten wir uns noch mit Alkohol für den Abend aus und liefen dann zu einem der Jungs nach Hause. Ein entspannter Abend war das, der gegen 1:00Uhr nachts nochmals mit richtig viel, leckerem Fleisch gekrönt wurde. Zu diesem Zeitpunkt ging es mir zwar schon nicht mehr ganz so gut, aber dennoch war ich fit. Gegen 5:00Uhr fiel ich ins Bett und schließ mehr oder weniger gut immerhin 3 Stunden. Aufgewacht bin ich dann allerdings ohne Stimme, was sich leider bis jetzt nicht gebessert hat. Da war der Wind wohl doch zu stark und Anni zu schwach. Seit langem gab es schon keine Woche mehr, in der ich mich so richtig gesund gefühlt habe. Generell spielt das Wetter hier zur Zeit etwas verrückt: Es sieht fast jeden Tag nach Regen aus, der nicht kommt, und die Temperaturen schwanken irgendwo zwischen zu Tode schwitzen und frieren. Ein Wetter, was mein Kreislauf vor allem letzte Woche sehr gefordert hat. Ich hoffe, dass meine Heiserkeit jetzt die Krönung ist und ich morgen hoffentlich wieder arbeiten kann. Ohne Stimme brauche ich bei den Rabauken nicht aufkreuzen...

Die Wahl

Wie einige es vielleicht doch schon mitbekommen haben, finden, bzw. fanden mittlerweile, dieses Jahr Wahlen in Mosambik statt. Dies geschieht in diesem Ausmaß alle 5 Jahre: Präsidentschafts-, Parlaments-und Regionalwahlen. Der bis vor Kurzem noch amtierende Präsident Armando Guebuza regiert mit seiner Partei FRELIMO (Frente da Libertação de Moçambique) bereits seit 2005, darf dieses Jahr laut Gesetzt jedoch nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. Insgesamt stehen den Parteien 40 Tage Wahlkampf zur Verfügung, wobei 2 Tage vor dem Gang zur Urne jegliche Kampagnen eingestellt werden müssen – ob aus Sicherheitsgründen, damit die Stimmung nicht zu sehr aufgeheizt wird oder einfach, um den Freiwilligen im Land nochmal zwei ruhige Nächte zu schenken – wer weiß das schon. Seit dem 01.09.2014 herrschte in diesem Land hier sozusagen Ausnahmezustand, denn Wahlkampf muss man hier tatsächlich wortwörtlich nehmen: In der Nacht vom 31.08. zum 01.09. wurde vermutlich ganz Mosambik, oder zumindest ganz Maputo von oben bis unten mit Wahlplakaten beklebt. Überall sah man, vor allem in Maputo, das Symbol der Partei FRELIMO und das Gesicht des neuen zur Wahl stehenden Präsidentschaftskandidaten Filipe Jacinto Nyusi. Neben der FRELIMO gibt es zwei weitere Parteien, die für den Wahlkampf interessant sind: Die MDM (Movimento Democrático de Moçambique) sowie die RENAMO (Resistência Nacional de Moçambique), derzeit größte Oppositionspartei. Im Gegensatz zur FRELIMO sieht man in Maputo aber kaum Werbung der anderen Parteien. Viel mehr veranstaltete die so gut wie sichere Siegerpartei einen dermaßen penetranten Wahlkampf, den man kaum beschreiben kann. Allein der extra dafür entstandene Wahlsong ist ein „Meisterwerk“, wenn es um Sachen Wahlwerbung geht. Die portugiesischen Kinderlieder in meinem Projekt wurden in den letzten Wochen von diesem Lied abgelöst und werden wahrscheinlich noch zu lange in den Köpfen der Kleinen bleiben. Dazu kommen unzählige FRELIMO- und Nyusi-... : Tshirts, Capulana, Fahnen, Basecaps, Mützen, Hosen, Röcke, … ALLES, was das FRELIMO-Herz begehrt. Auch nach der Wahl wird deshalb noch einiges an diese Zeit erinnern. Am letzten Mittwoch war dann DER große Tag: Nach zwei Wahlkampf-Ruhetagen durften wir Freiwilligen ausschlafen, während Millionen von Mosambikanern stundenlang in unendlich langen Reihen darauf warteten, ihre Stimme mittels eines Fingerabdrucks abzugeben. Das Wahlergebniss, ich muss euch leider enttäuschen, steht allerdings bis heute nicht fest. Auch hier ist die Uhr wohl etwas stehen geblieben, und so kann es schon mal bis zu 10 Tagen dauern, eh die genauen Zahlen bekannt sind. Laut meinem Gastvater habe allerdings FRELIMO, wer hätte es anders erwartet, gewonnen und die RENAMO habe einen großen Abstand. Wer genaueres zu diesen beiden Parteien erfahren und die Geschichte Mosambiks etwas genauer verstehen möchte, sollte selbst am besten einmal recherchieren, da ich hier für keine Missverständnisse verantwortlich sein möchte.

Das soll es jetzt aber doch endlich gewesen sein und hiermit verspreche ich euch, meinen nächsten Beitrag entweder nicht so lange hinaus zu zögern oder einfach kürzer zu fassen!

Bilder gibt es mal wieder nach Internetsituation; ihr kennt das ja.

Bis zum nächsten Eintrag fühlt euch alle ganz lieb gedrückt. Dieser wird dann vermutlich mein Monatsabschlussbericht sein, dann ist bereits ¼ meines Jahres hier vorbei!


In diesem Sinne: Haltet die Ohren steif und genießt jeden Tag!

Eure Anni :)

Szene vor dem Spiel

Mocambique!

Die beiden Manschaften: Links Mocambique, rechts Capo Verde.

Ein Augenblick im Spiel.

Mittagessen im Projekt: Losinho und im Hintergrund Soninha - zwei meiner Sonnenscheinkinder :)

Bis jetzt das allerbeste und verhältnismäßig günstigste Essen!